Mit einer hochkarätig besetzten Fachtagung würdigte das Liechtenstein-Institut heute das 30-jährige Jubiläum von Liechtensteins Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Unter dem Titel „The Future of the EEA Internal Market in view of current geopolitical and global economic challenges“ stand nicht ein bedeutender historischer Meilenstein im Mittelpunkt, und die Frage, wie sich der europäische Binnenmarkt im Lichte geopolitischer Umbrüche und wirtschaftlicher Unsicherheiten künftig entwickeln wird.
Die Veranstaltung im Vaduzer Rathaus brachte Experten aus Wissenschaft, Politik und Diplomatie zusammen. In seiner Eröffnungsrede erinnerte Prof. Thomas Meier vom Liechtenstein-Institut an die turbulenten politischen Debatten Anfang der 1990er Jahre, die schliesslich in den Beitritt Liechtensteins zum EWR am 1. Mai 1995 mündeten – eine Entscheidung, die laut Meier „den Weg zu internationaler wirtschaftlicher Vernetzung und Wohlstand geebnet“ habe.
Regierungschefin Brigitte Haas betonte in ihrer Ansprache die Bedeutung des EWR für Liechtenstein: „Die EWR-Mitgliedschaft hat nicht nur unseren Wirtschaftsstandort gestärkt, sondern auch unsere Rolle als souveräner und verlässlicher Partner in Europa gefestigt.“ Haas verwies auf aktuelle Umfragen, wonach rund 85 Prozent der Bevölkerung den EWR positiv bewerten – ein klares Zeichen für die breite Verankerung in der Gesellschaft.

Geopolitik verändert das Verständnis des Binnenmarkts
Ein zentrales Thema des Konferenztages war die veränderte geopolitische Lage, die das traditionelle Verständnis des Binnenmarkts als reines wirtschaftliches Projekt zunehmend infrage stellt. Dr. Christian Frommelt, Rektor der Universität Liechtenstein, zeichnete die aktuellen globalen Entwicklungen nach: wachsender Wettbewerb zwischen Grossmächten, ein brüchiger Multilateralismus und die Erosion der regelbasierten Weltordnung. Dies verlange nach einem strategischen Blick auf den Binnenmarkt als Instrument wirtschaftlicher Sicherheit und Resilienz.
Botschafter Pascal Schafhauser, Leiter der Liechtensteinischen Mission bei der EU in Brüssel, betonte die zunehmende Bedeutung wirtschaftlicher Sicherheit in der europäischen Politikgestaltung. Besonders spannend: Die Diskussion um ein mögliches EU-Beitrittsinteresse Islands, das – wie Prof. Gunnar Thor Pétursson erläuterte – aufgrund neuer sicherheitspolitischer Überlegungen erneut an Aktualität gewonnen hat.

EFTA-Staaten im Spannungsfeld europäischer Entwicklungen
Am Nachmittag standen die Perspektiven der EFTA-Staaten im Mittelpunkt. Dr. Andrea Entner-Koch präsentierte den Bericht der EFTA-Arbeitsgruppe zu sektorübergreifenden EU-Initiativen. Die Beiträge der Vertreter aus Island, Norwegen und der Schweiz warfen ein Licht auf die jeweiligen nationalen Strategien und Herausforderungen im Verhältnis zur EU.