Gesundheitsminister Manuel Frick hat im Landtag nochmals den Corona-Bericht ausführlich erläutert, nachdem das Thema als Zusatztraktandum in die Tagesordnung aufgenommen wurde. Frick räumte ein, dass viele Menschen das Thema Corona-Pandemie leid seien, aber betonte die Notwendigkeit einer gründlichen Aufarbeitung der Pandemie.
Er wies die Behauptung zurück, der ergänzende medizinische Bericht sei heimlich veröffentlicht worden, und betonte, dass eine umfassende Medienmitteilung dazu herausgegeben wurde. Zudem erklärte er, dass der ursprüngliche Antrag des Landtagsvizepräsidenten keine klaren Vorgaben oder Fristen zur Berichtsvorlage enthielt und daher nicht optimal formuliert war.
Liechtenstein habe aus seiner Sicht die Pandemie umfassend aufgearbeitet. Mit insgesamt 590 Seiten, die rechtliche, gesellschaftliche, schulische, wirtschaftliche und medizinische Aspekte sowie das Krisenmanagement und die daraus gezogenen Lehren, würden viele Themen ausführlich behandeln.
Frick ging auch auf das Krisenmanagement ein. Der Pandemiestab wurde früh eingerichtet und von den Mitgliedern grundsätzlich positiv bewertet, jedoch gab es auch Kritik, etwa an der Grösse des Stabs und der unklaren Kommunikation. Die Konzentration von Verantwortung in wenigen Personen, insbesondere in ihm selbst und seinem Vorgänger, stellte ein erhöhtes Risiko dar.
Er betonte, dass die in Liechtenstein getroffenen Massnahmen, wie die Schliessung von Schulen und Geschäften, zwar rückwirkend kritisiert wurden, sie aber im europäischen Vergleich mild ausfielen. Zugleich gab es Stimmen, die striktere Massnahmen forderten. Der Abbau des Impfzentrums 2021 wurde im Nachhinein als zu früh bewertet, und eine intensivere Impfkampagne hätte früher beginnen sollen.
Klare Kommunikation und das Contact Tracing in Liechtenstein, seien als vorbildlich angesehen worden. Auch die Krisenkommunikation der Regierung wurde positiv bewertet, besonders durch innovative Ansätze wie die Live-Übertragungen von Medienkonferenzen.
Landtagsvizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz (VU) äusserte deutliche Kritik am erweiterten Bericht zur Aufarbeitung der COVID-19-Pandemie, den die Regierung vorgelegt hatte. Sie stellte fest, dass die Pandemie zwar viele überdrüssig gemacht habe, aber eine gründliche Aufarbeitung zwingend notwendig sei. Der Bericht umfasse nur 33 Seiten und werde den Anforderungen, die der Landtag im September 2023 formuliert hatte, nicht gerecht. Sie kritisierte, dass der Bericht oberflächlich sei und den Eindruck erwecke, er sei nur eine Alibiübung, um formalen Anforderungen zu genügen, ohne die eigentlichen Probleme und Fragen zu adressieren.
Besonders vermisste Marxer-Kranz eine Einbeziehung von Fachpersonen wie Ärzten, Krankenpersonal und Lehrpersonen, deren Perspektiven für eine ernsthafte medizinische Aufarbeitung entscheidend gewesen wären. Sie zog auch Parallelen zu Deutschland, wo der Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Notwendigkeit einer umfassenden Aufarbeitung betone, um Lehren zu ziehen und die Bevölkerung zu versöhnen.
Die Landtagsvizepräsidentin kritisierte auch konkrete Massnahmen, wie etwa die stark reglementierten Vorgaben in Geschäften und die mangelnde Eigenverantwortung der Bürger. Sie bemängelte, dass zukunftsgerichtete Ansätze im Bericht fehlen und psychische Belastungen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, durch die Pandemie nicht ausreichend berücksichtigt würden. Sie forderte ausserdem eine genaue Aufschlüsselung der Kosten der Aufarbeitung.
Wendelin Lampert (FBP) äusserte sich differenziert zum vorliegenden Bericht über die COVID-19-Aufarbeitung. Im Gegensatz zur vorangegangenen Rede, die sich stark auf das Fehlen von Informationen konzentrierte, versuchte er, aufzuzeigen, was der Bericht tatsächlich enthalte.
Er zeigte sich erstaunt, dass in Bezug auf die Schulschliessungen, trotz der sehr unterschiedlichen Schliessungsdauern in den verschiedenen Ländern, Vergleiche gezogen wurden. So stellte er fest, dass die Schulen in Liechtenstein nur sieben Wochen geschlossen waren, während sie in Deutschland viel länger geschlossen waren. Dies führe seiner Ansicht nach zu ungenauen Vergleichen.
Darum ist er skeptisch, ob die Erkenntnisse des Berichts für zukünftige Pandemien nützlich sein würden. Er führte an, dass die nächste Pandemie möglicherweise ganz andere Herausforderungen mit sich bringen könnte.
Die Suche nach Schuldigen ist für Daniel Seger (FBP) nicht zielführend. Es sei wichtig, die übergeordnete Zielsetzung im Auge zu behalten – nämlich das Schliessen von Gräben und das Wiederherstellen der gesellschaftlichen Einheit. Dabei erinnerte er an den Geist des „Füreinander und Miteinander“, der während der Pandemie betont wurde.
Kritisch äusserte sich Thomas Rehak (DpL), er verwies zu Beginn auf eine Aussage eines früheren Gesundheitsministers, der zu Beginn der Pandemie Covid-19 als eine „Grippe“ bezeichnet habe. Dieser Kommentar diente als Ausgangspunkt für seine Rede, in der er die Diskussion um den Bericht über die Pandemie kritisch hinterfragte.
Besonders betonte Rehak die Erkenntnis, dass die Schulschliessungen in der Zukunft vorsichtiger gehandhabt werden müssten, eine Lehre, die viele aus der Pandemie gezogen hätten. Gleichzeitig hob er hervor, dass die Parameter einer zukünftigen Pandemie oder Krise nicht vorhersehbar seien, was eine endgültige Schlussfolgerung schwierig mache. Er hoffte, dass die Bildungsministerin hierzu noch detailliertere Aussagen treffen würde.
Ein weiterer zentraler Punkt seiner Rede war die Frage der Freiwilligkeit und die Grenzen staatlicher Eingriffe. Rehak stellte in Frage, ob es sinnvoll sei, Menschen zu ihrem Glück zu zwingen, und überlegte, ob eine kurzfristige Überlastung des Gesundheitssystems zu mehr Akzeptanz für die Massnahmen hätte führen können. Dennoch stellte er klar, dass er persönlich nicht in der Lage gewesen wäre, eine solche Überlastung tatenlos zuzulassen, selbst wenn dies zu einer höheren Akzeptanz geführt hätte.