Drei Jahre nach der letzten Sicherheitskonferenz vor der russischen Invasion der Ukraine richtete sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut mit einer eindringlichen Rede an die internationale Gemeinschaft. Auf der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz betonte er die Notwendigkeit einer geeinten europäischen Verteidigung.
Drohnenangriff auf Tschernobyl als symbolischer Akt Russlands
Zu Beginn seiner Rede wies Selenskyj auf einen aktuellen Angriff hin: Eine russische Drohne habe den Schutzmantel des ehemaligen Reaktors in Tschernobyl getroffen. Der ukrainische Präsident wertete dies als symbolischen Angriff, der die Skrupellosigkeit der russischen Kriegsführung unterstreiche. Gleichzeitig unterstrich er die Bedeutung der Kernenergie für die Ukraine und Europa und betonte, dass eine gesicherte Energieversorgung nur durch enge internationale Kooperation möglich sei.
Russlands militärische Aufrüstung und geopolitische Ambitionen
Besonders alarmierend sei Russlands Plan, 50 neue Divisionen aufzustellen und seine Truppenstärke drastisch zu erhöhen. Dies könnte nicht nur die Ukraine, sondern auch europäische NATO-Staaten betreffen. Selenskyj warnte vor einem möglichen erneuten Einsatz von Truppen in Belarus, der nicht nur die Ukraine, sondern auch Polen und das Baltikum destabilisieren könnte. Die fortgesetzten Provokationen an den NATO-Grenzen, wie die inszenierte Migrationskrise an der belarussisch-polnischen Grenze, seien klare Anzeichen für Russlands aggressive Expansionspolitik.
Forderung nach europäischer Armee und sicherheitspolitischer Eigenständigkeit
Der Präsident forderte eindringlich die Schaffung einer europäischen Armee, um die kollektive Sicherheit des Kontinents zu stärken. Europa dürfe sich nicht länger auf die USA verlassen, insbesondere angesichts der ungewissen politischen Zukunft in Washington. Selenskyj betonte, dass die Ukraine mit ihrer Kampferfahrung eine Schlüsselrolle in einer solchen Streitkraft spielen könnte. „Ohne die Ukraine werden europäische Streitkräfte nicht ausreichen, um Russland aufzuhalten“, sagte er.
Kooperation mit den USA und geopolitische Herausforderungen
Selenskyj wies darauf hin, dass die transatlantischen Beziehungen im Wandel seien. Europa müsse sich darauf vorbereiten, eine grössere Rolle in der eigenen Verteidigung zu übernehmen. Gleichzeitig warnte er davor, dass Russland versuchen könnte, direkt mit den USA zu verhandeln und dabei europäische Interessen zu ignorieren. Die Einigkeit Europas sei daher entscheidend, um auf Augenhöhe mit Washington zu agieren.