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Lagebericht zur humanitären Situation in Gaza

Philippe Lazzarini

Bei einer Pressekonferenz informierte Philippe Lazzarini, der Generalkommissar des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA), über die aktuelle Lage in Gaza und im Westjordanland. Zudem thematisierte er Angriffe auf die Organisation sowie die Herausforderungen, mit denen UNRWA konfrontiert ist.

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Lazzarini zeigte sich erleichtert darüber, dass die Waffenruhe in Gaza weiterhin Bestand hat und weitere Geiseln freigelassen wurden. Er forderte erneut die sofortige Freilassung aller Geiseln und betonte die Notwendigkeit, dass alle Konfliktparteien ihre Verpflichtungen einhalten.

«UNRWA versorgt 1.5 Mio. Menschen mit Essen, medizinischer Versorgung und Bildung.»

Philippe Lazzarini

UNRWA sei weiterhin operativ in Gaza sowie im Westjordanland tätig, trotz enormer Herausforderungen. Seit dem 19. Januar 2024 habe das Hilfswerk 1,5 Millionen Menschen mit Nahrungsmittelhilfe erreicht. Zudem sei die Gesundheitsversorgung ausgeweitet worden, unter anderem durch die Wiedereröffnung eines Gesundheitszentrums sowie die Erhöhung der Anzahl von Gesundheitsstationen in Gaza. Täglich würden etwa 18.000 Konsultationen durchgeführt.

Im Westjordanland sei die Lage weiterhin angespannt. UNRWA betreibe dort Bildungseinrichtungen für 50.000 Schülerinnen und Schüler sowie Gesundheitszentren. Gleichzeitig sei ein Anstieg von Gewalt und Zwangsvertreibungen zu beobachten. Mindestens 40.000 Menschen seien aus Flüchtlingslagern im Norden des Westjordanlands vertrieben worden, darunter in Jenin und Tulkarem.

Angriffe auf UNRWA und Desinformationskampagnen

Lazzarini sprach auch die zunehmenden Angriffe auf UNRWA an. Er bezeichnete die Organisation als „Kollateralschaden“ des Krieges und verwies auf gezielte Desinformationskampagnen, die das Ziel hätten, die Arbeit der Organisation zu delegitimieren. Dies schliesse unter anderem bezahlte Werbekampagnen, Google-Anzeigen sowie Plakataktionen in grossen Städten wie New York, europäischen Metropolen und Australien ein. Laut Lazzarini seien diese Massnahmen von israelischen Regierungsstellen finanziert worden.

Besonders besorgniserregend sei, dass diese Kampagnen die Sicherheit der UNRWA-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter gefährdeten. Seit Beginn des aktuellen Konflikts seien bereits 273 UNRWA-Beschäftigte getötet worden.

Israelische Gesetzgebung und Auswirkungen auf UNRWA

Ein weiteres Thema der Pressekonferenz war das neue Gesetz der israelischen Knesset, das UNRWA die Arbeit in israelischem Territorium, einschliesslich Ostjerusalem, untersagt. Zudem sei ein Kontaktverbot zwischen UNRWA und israelischen Behörden verhängt worden. Lazzarini betonte, dass dies den operativen Betrieb der Organisation im Westjordanland und in Gaza zwar beeinträchtige, aber nicht vollständig verhindere.

Finanzielle Lage von UNRWA und internationale Verantwortung

Lazzarini machte deutlich, dass sich UNRWA in einer finanziell prekären Situation befinde. Die Agentur operiere „von der Hand in den Mund“ und habe kaum Planungssicherheit für die Zukunft. Die Kombination aus dem Knesset-Gesetz und der Entscheidung einiger wichtiger Geberländer, ihre finanzielle Unterstützung auszusetzen, könnte zur Implosion der Organisation führen. Dies würde ein Vakuum schaffen, das das Risiko von mehr Extremismus in der Region erhöhen könnte.

«UNRWA lebt von der Hand in den Mund.»

Philippe Lazzarini

Lazzarini appellierte an die europäischen Staaten, sicherzustellen, dass das UNRWA-Mandat Teil eines politischen Prozesses bleibt. Er forderte ein Umdenken, da UNRWA ursprünglich als temporäre Organisation geschaffen wurde, die jedoch seit 70 Jahren existiere. Dies sollte als Weckruf dienen, eine langfristige politische Lösung für die Palästina-Flüchtlinge zu finden.

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