Nicht viel Neues haben die Zuseher in der TV-Konfrontation zur Zukunft von Radio L erfahren. Die Argumente waren mehr oder weniger bereits bekannt. Schade, hat die Regierung nicht wie bei der IWF-Abstimmung auf eine öffentliche Diskussion gesetzt.
So möchte ich nun ein paar Aspekte beleuchten, die gestern Abend von beiden Seiten nicht gesagt wurden.
Zweimal sagte Monauni: Um die Medienvielfalt ist es nicht so gut bestellt.
Was sie nicht sagte: Nach dieser Aussage war ich unsicher, wer die letzten fast vier Jahre Medienministerin war. Laut Wikipedia war es Frau Monauni. Wenn es wirklich so schlimm um die Medienvielfalt steht, verstehe ich nicht, warum sie nicht gesagt hat, was sie tun möchte, um das zu verbessern. Man stelle sich einmal vor, ein Finanzminister tritt auf und sagt „Um die Staatsfinanzen ist es nicht so gut bestellt“, oder ein Infrastrukturminister „Um die Infrastruktur im Land ist es nicht so gut bestellt“.
Was sie noch nicht sagte: So schlimm ist es um die Medienvielfalt gar nicht bestellt. Jetzt hat Sabine Monauni schon länger keine Pressekonferenz mehr gehalten. Bei ihren letzten waren Vertreter von mindestens vier Medien anwesend, manchmal sogar fünf. Wenn der Bürgermeister von Vaduz einen Spielplatz einweiht, kommen ebenfalls Fernsehen, Radio und die „Written Press“.
Wenn ein Landesrat der Vorarlberger Landesregierung eine Presseerklärung abgeben will und es nicht gerade eine weltbewegende Angelegenheit ist, kommt der ORF und Russmedia – also zwei Medien. Das war es dann.
Mit dem Landesspiegel und der Lie-Zeit gibt es in Liechtenstein News-Portale, die kostenlos tagesaktuelle Nachrichten liefern. Es gibt das Exklusiv, das in zahlreichen ausführlichen Interviews nochmal einen anderen Blick auf ein Thema ermöglicht. Auch Radio L hat Berichte ohne Bezahlschranke online. Mit der Liewo gibt es sogar franko geliefert eine kostenlose Papierzeitung. 1FLTV ist überall mit dabei. Die Sendungen lassen sich auf der Webseite des Senders ansehen – ohne Geoblocking und ohne Bezahlschranke. Ein neues Privatradio steht in den Startlöchern. Das ist in Vorarlberg, mit 10 Mal so viel Einwohnern alles nicht der Fall. Dann gibt es auch noch das Brudiland, selbst, das nach eigener Definition kein Medium sein will, sondern nur ein Experiment.
Über die Qualität der Medien in Liechtenstein diskutieren. Ich bin sicher, dass es da viel Luft nach oben gibt. Dabei kann man sich dann die Frage stellen, ob die Medienministerin etwas dazu beitragen könnte, die Qualität zu erhalten oder zu steigern, aber eine Vielfalt an Medien mit unterschiedlichen Ansichten und Herangehensweisen gibt es allemal.
Jürg Bachmann sagte: Das Geschäftsmodell eines Privatradios ist nicht klar. (Er sagte dies sowohl hinsichtlich der Privatisierung als auch zu dem angekündigten neuen Privatradio)
Was er nicht sagte: Natürlich kann es in einem Privatradio eine Idee einer innovativen Finanzierung geben. In Deutschland habe ich dazu schon ein paar spannende Ansätze gehört. Beispielsweise Bezahlschranken für Beitragsarchive. Aber auch in grösseren Märkten wird es nach meiner Meinung so bald kein Pay-Radio geben.
Es bleibt also das althergebrachte Geschäftsmodell, das bei 50 Privatradios in der Schweiz ganz gut funktioniert: Reichweite aufbauen und diese Werbekunden zur Verfügung stellen. Warum das in Liechtenstein nicht funktionieren soll, hat auch niemand von der Contra-Seite gesagt.
Sabine Monauni sagte: Radio L ist kein Staatssender, sondern öffentlich-rechtlich … Wenn Radio L privatisiert wird, ist Liechtenstein eines der wenigen Länder in Europa ohne öffentlich-rechtlichen Sender.
Was sie nicht sagte: Wenn man sich die öffentlich-rechtlichen Sender anderer Länder ansieht, ist die Distanz zwischen Regierung und dem Sender grösser als in Liechtenstein. In Österreich gibt es beim ORF einen Publikumsrat, die Belegschaft ist im Stiftungsrat vertreten, der Redaktionsrat hat bei Kündigungen Einsprachemöglichkeiten. Auch in der Schweiz gibt es bei der SRG Gremien, die nicht von der Regierung bestellt werden.
Die Finanzierung ist ein zentraler Punkt, über den Einfluss genommen werden kann. Fast alle öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten in Europa – von den Nachbarstaaten bis hin zur BBC werden über Gebühren finanziert. In Liechtenstein bestimmt der Landtag, wie viel Geld Radio L zur Verfügung hat.
Es ist halt schon so, wie es der Abgeordnete Johannes Kaiser einmal gesagt hat: «Wes Brot ich ess, des Lied ich sing«. Von dem her kann man durchaus sagen, dass der Einfluss von Regierung und Landtag auf den LRF deutlich höher ist als bei öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten im Ausland.
Thomas Rehak sagte: Der Landtag soll entscheiden, wie viel Geld ein privater Radiosender benötigt.
Was er nicht sagte: Der Landtag hat mehrheitlich entschieden, dass ein Radio etwa 4 Mio. Franken braucht.
Was er nicht sagte: Warum der Landtag dann plötzlich zur Einsicht gelangen soll, dass es mit der Hälfte auch geht. Hier wäre es aus meiner Sicht legistisch besser gewesen, konkreter Angaben zu machen, wie viel ein Privatradio erhalten soll.
Rehak stellte eine Zahl von rund zwei Mio. in den Raum – in Anlehnung an Privatradios in der Schweiz mit ähnlichen Sendegebieten.
Ich bin auch der Meinung, dass es möglich ist, mit zwei Mio. einen Radiosender zu betreiben. Aber man muss einschnitte machen. Da ist der Spielraum gross: Man kann an den Aussenreportern sparen, man kann an der Musik sparen, man kann am Online-Auftritt sparen, man kann an der Sendetechnik sparen, man kann die Sendezeit anpassen. Ebenso könnte man bei der Eigenwerbung z.B. der Plakatkampagne sparen.
Thomas Rehak sagte leider nicht, in welchen Bereichen konkret er Einschnitte machen möchte.
Sabine Monauni sagte: Radio L hat auch im Krisenfall die Aufgabe, die Bevölkerung zu informieren.
Was sie nicht sagte: Das geht auch anders. Österreich hat letzte Woche einen Handy-Alarm getestet. Das ist eine sichere und zeitgemäss Art viel schneller die Bevölkerung im Krisenfall informieren.
Wer zufällig am Samstag in Feldkirch war, hat es vielleicht miterlebt, dass überall Handys Alarm geschlagen haben. So würde auch jeder ohne Handy oder mit leerem Akku mitbekommen, dass etwas passiert ist.
Was sie auch nicht sagte: Auch die privaten Medien haben hier Mitwirkungspflichten. In Art. 15 Mediengesetz heisst es: In jedem periodischen Medium sind über Aufforderung des zuständigen öffentlichen Organs Aufrufe und Anordnungen der Behörden in Krisen- und Katastrophenfällen unverzüglich und unentgeltlich zu veröffentlichen.
Sabine Monauni sagte: Nur ein öffentlich-rechtliches Medium ist zur objektiven Berichterstattung verpflichtet.
Was sie nicht sagte: Das Mediengesetz verpflichtet alle Medien, selbst jene privaten Medien, die keine Medienförderung bekommen, zur Objektivität in der Berichterstattung. Das ist im Art. 7 Abs. 1 MG zu finden.
Pascal Ospelt sagte: Zur not kauft es (anm. das Radio L) halt das Medienhaus.
Was er nicht sagte: Liechtenstein hat nicht das strengste Kartellrecht. Trotzdem dürfte das wettbewerbsrechtlich schwierig werden. Wird eine Radio-Konzession ausgeschrieben, dann wird das Medienhaus auf der Kostenseite einen grossen Vorteil haben, weil man redaktionelle Arbeit teilweise wiederverwerten kann und der Anzeigenverkauf steht. Ein Dritter, dass das alles aufbauen muss, wird den Leistungsauftrag vermutlich nicht zum gleichen Preis offerieren können. Wenn bei der Vergabe dann hauptsächlich auf den Preis geschaut wird, wird man dem Medienhaus die Konzession zusprechen müssen. (Anm.: Das Medienhaus hat bereits kundgetan, kein Interesse am Kauf von Radio L zu haben.)
Das würde zu einer Konzentration im Medienmarkt, auch auf der Werbeseite führen. Für die anderen Medien würde das Leben sicher nicht leichter. Ob er das wirklich möchte, hat Pascal Ospelt nicht gesagt.
Was noch nicht gesagt wurde – UKW-Alleingang dürfte teuer werden
Ein grosser Brocken, über den gar nicht gesprochen wurde, ist die von der Schweiz angekündigte Abschaltung der UKW-Sendeanlagen. Radio L nutzt diese Sender. Wenn man ab 2026 tatsächlich weiter eine Verbreitung von Radio L über UKW möchte, dann bräuchte es eigene Sendeanlagen. Diese Errichtung dieser Anlagen wird wohl nicht aus dem laufenden Budget des LRF gestemmt werden können. Das bedeutet: Entweder es werden wieder zusätzliche Million an Steuergeldern investiert werden müssen.
Mit welchen Kosten in diesem Fall genau zu rechen ist, haben wir die Regierung letzte Woche bereits gefragt. Eine Antwort wurde uns für Anfang dieser Woche angekündigt.