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Landtag diskutiert PV-Anlagen Pflicht

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Ähnlich wie in der Deutschland und Österreich möchte auch die Regierung in Liechtenstein ein Verbot von Öl- und Gasheizungen einführen. Als ersten Schritt in diese Richtung beschloss heute der Landtag in erster Lesung die Änderung des Baugesetzes, Energieeffizienzgesetzes und des Energieausweisgesetzes.

Kernstück der Gesetzesvorhaben ist eine Verpflichtung für verschiedene Neubauten, PV-Anlagen und/oder Wärmepumpen zu errichten. Zudem dürfen keine fossilen Heizungen mehr neu errichtet, erneuert oder sogar bestehende Anlagen verboten werden. Zudem soll ab 2025 die LKW verpflichtet werden, nur noch klimaneutralen Strom einzukaufen, was den Strom für die Bürger wohl teurer machen dürfte.

Das die Energiewende kein Spaziergang werden wird, war klar. Die Vorlage zielt auf den Gebäudesektor ab. Dieser mache 30% des Energiebedarfs des Landes Liechtenstein aus. Mit der Einführung der gesetzlichen PV-Pflicht soll die Elektrifizierung vorangetrieben werden.

Die Errichtung von PV-Anlagen soll weiterhin gefördert und der überschüssige Strom zu Marktpreisen abgenommen werden.

Wir müssen das Tempo verdreifachen

Das Hauptargument für das Verbot ist das Ziel, die Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse man das Tempo verdreifachen, so die Regierung.

Das 1,5% Ziel hätten wir bereits verfehlt, so Manuela Haldner-Schierscher (FL) nun sein jedes Zehntel Grad entscheidend für das Überleben der Menschheit. Darum dürfe man nicht über jedes Zehntel Grad diskutieren. Fossile Heizsysteme mit einem Wirkungsgrad von 70% müssen gegen Wärmepumpen mit einem Wirkungsgrad von 200% ersetzt werden.

Wenn es beim Bauen teurer würde, dann würden viele Bauherren wohl nicht bei der zu errichteten Wohnfläche sparen, sondern bei der Photovoltaikanlage. Darum brauche es eine gesetzliche Vorgabe.

Thomas Rehakt (DpL) führt aus, dass der Energiehunger der Liechtensteiner gestillt werden muss. 31 Megawattstunden pro Kopf sei der aktuelle Verbrauch. Doch können diese Probleme nicht mit einer PV-Anlagen-Pflicht nicht so einfach gelöst werden.

Diese würden Flatterstrom erzeugen. In Sommer, wenn viel Solarstrom erzeugt wird, kann man nicht einfach energieintensive Heizungen anschmeissen. So müsste der Strom im Umspannwerk in Triesen verheizt werden. Für ihn sei ein Verbot von fossilen Heizungen der falsche Weg. Er plädiert für eine Bewilligungspflicht für derartige Anlagen. «Anstelle von Verboten sollte der Gesetzgeber Anreize schaffen für eine klimafreundlichere Lebensweise» zitiert er aus dem Wahlprogramm der FBP.

«Ein Verbot sollte immer das letzte Mittel sein» so der Abgeordnete Manfred Kaufmann (VU). Ausserdem kann ein Haus in einem sehr schattigen Platz stehen, weshalb es in Einzelfällen nicht zweckmässig sei.

Es sei davon auszugehen, dass alle vernünftigen Bauwerber die grosszügigen Förderungen in Anspruch nehmen und so auf die zukunftsträchtigen Technologien setzten werden. Die Zeit der fossilen Heizungen neige sich dem Ende, weshalb das Verbot nicht notwendig sei.

Realistisches Ziel?

Bereits jetzt dauert es Monate, bis man von der LKW oder einem anderen Anbieter nur eine Offerte für eine PV-Anlage erhält. Eine Umsetzung von unter einem Jahr ist aktuell nicht denkbar. Kommt es tatsächlich zu einer Pflicht, wird die Nachfrage noch weiter steigen.

«Die schönste Vorlage hilft uns nichts, wenn sie dem Referendum nicht Stand hält.» meint Daniel Seger (FBP). Dieses sei äusserst wahrscheinlich und den Abstimmungskampf möchte er vermeiden. Zudem sieht er das geplante Verbot kritisch, da letztes Jahr gerade einmal 2 Ölheizungen und 14 Gasheizungen neu errichtet wurde – im Vergleich zu über 300 erneuerbaren Anlagen. Da sei das Verbot überschiessen. Zudem plädiert er dafür, die Übergangsfrist ins Gesetz zu schreiben und nicht der Verordnung zu überlassen.

Ein Gebot statt eines Verbots sieht die Abgeordnete Dagmar Bühler-Nigsch (VU), von einem Verbot sei im Gesetz keine Rede, daher würde sie der Diskussion gerne einen positiveren Anstrich vermeiden. Wichtig ist für sie auch, dass der Staat in Zusammenarbeit mit den Banken dafür sorgen müsse, dass die Investition in eine Solaranlage nicht an den finanziellen Mitteln scheitern.

Die Umsetzung sollte bürgerfreundlicher erfolgen, findet die stellvertretende Abgeordnete Nadine Vogelsang (FBP) und Investitionen in erneuerbare Energieanlagen durch den Staat hält sie für sinnvoller. Die Engpässe bei den Zulieferern von Solaranlagen und der Fachkräftemangel in der Heizungsbranche würden eine Umsetzung des Ziels als nicht realistisch erscheinen lassen. Mehrere Hundert Wärmepumpen-Lieferungen seinen aktuell in Liechtenstein offen. Das Gewerbe mit Überbrückungslösungen zu beschäftigen, sei nicht effizient. Auch sie wartet seit einem Jahr auf eine Offerte für eine PV-Anlage.

Kraftwerk im Rhein?

Auch über ein oder zwei Staustufen im Rhein wird diskutiert. Dies könne 10% des Total-Energieverbrauchs von Liechtenstein decken. Zusammen mit Windrädern und PV-Anlagen könne man auf einen Autonomiegrad von 70% kommen.

Walter Frick (VU) ist davon überzeugt, dass in Zukunft jeder auf erneuerbare Energieträger setzten wird. Dies auch aufgrund der steigenden Preise der fossilen Energieträger. Trotzdem spricht er sich gegen ein Verbot aus.

Härtefälle

Diskutiert wurde auch über finanzielle Härtefälle. Klar ist, dass es sich nicht jeder Liechtensteiner leisten kann, eine voll funktionsfähige Öl oder Gas-Heizung rauszuschmeissen. Der Abgeordnete Wendelin Lampert (FBP) und andere plädierten dafür, dies über zinsfreie Kredite abzufedern. Günter Vogt (VU) schlug vor, es über eine Contracting-Konstruktion zu lösen. Demnach würde die LKW die PV-Anlage errichten und den Strom dann entsprechend an den Hauseigentümer verkaufen – und so die Anlage refinanzieren.

Wenn man die Diskussion in Deutschland beobachtet, insbesondere den jüngsten Widerstand der liberalen FDP, dann kann man nicht sagen, dass das Verbot ohne weiteres kommen wird. Einige Landtagsabgeordnete gingen davon aus, dass auch in Liechtenstein entsprechender Widerstand aufflammen wird und es zu einem Referendum kommen wird.

Die Meinung der Redaktion

Immer wieder wird auf die Vorschriften in der Schweiz (Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich kurz MuKEn 24 verwiesen. Es wird dabei wohl übersehen, dass die Schweiz zahlreiche grosse Pumpspeicherkraftwerke hat, mit denen der produzierte Solarstrom gespeichert werden kann. In Liechtenstein gibt es keine derartigen Anlagen. Was soll also mit dem Strom, der tagsüber produziert wird, passieren? Bekannt ist, dass der grössere Stromverbrauch Abends ist. Und wenn das Verbot der Verbrenner-Fahrzeuge Realität wird und mehr Liechtensteiner auf ein Elektroauto umsteigen, wird der Stromverbrauch in der Nacht weiter steigen. Denn tagsüber braucht man das Fahrzeug – in der Nacht will man es laden. Ohne Sonne gibt es aber keinen Solarstrom. Die Antworten auf diese Fragen bliebt die Regierung noch schuldig.

Niemand ist gegen Klimaschutz, aber man muss sich bei gesetzlichen Vorgaben überlegen, welcher Erfolg durch eine Massnahme erreicht werden kann und welche (negativen) Auswirkungen es auf die Gesellschaft und auf einzelne hat. Und genau hier ist bei der gegenständlichen Vorlage das Problem. Der Nutzen für das Klima – vor allem weltweit gesehen, durch 250 bis 260 Gigawattstunden, die durch die PV-Anlagenpflicht in Liechtenstein zusätzlich erzeugt werden können, ist wohl bestenfalls marginal.

Der Umstieg im Einzelfall bleibt sehr sinnvoll, von dem her ist der Vorschlag von Günter Vogt für eine Contracting-Lösung sehr interessant. Doch auch der muss dem Realitätscheck standhalten. Denn was ist, wenn das LKW die PV-Anlage aufgrund von Lieferengpässen oder Fachkräftemangel nicht liefern kann – darf man dann nicht bauen?

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