Ein lauer Sommerabend und spannende Einblicke in die Welt der Gewässerökologie: Die Begehung des revitalisierten Sägagraba lockte am 60 begeisterte Bürger aus Mauren und der Umgebung an das neu gestaltete Bachufer. Vor Ort stellten Rainer Künis und Andrea Buchmann die umfassenden Revitalisierungsmassnahmen vor, die aus dem unscheinbaren Graben einen artenreichen, naturnahen Lebensraum gemacht haben.
«Ein zusätzliches Bijou für Mauren»
Vorsteher Peter Frick eröffnete die Veranstaltung mit grosser Vorfreude: „Ich bin gespannt, was heute Abend auf uns zukommt. Wir haben mit dem Sägagraba ein zusätzliches Bijou in Mauren geschaffen, eine ökologische Aufwertung, die weit über die Gemeindegrenzen hinaus Bedeutung hat. Mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu: „Vielleicht färbt unser Engagement auch ins Oberland ab!”

Am Beginn wurde die bewegte Geschichte des Sägagraba und der Esche. vorgestellt Um 1900 hatte dieser Bach wenig mit dem heutigen Vorzeigebeispiel gemein: Schwere industrielle Verunreinigungen aus Webereien und Färbereien führten zu Viehsterben; auch Hausabwässer trübten das Wasser. Erst im Lauf des 20. Jahrhunderts verbesserten sich die Zustände dank Fortschritten in der Abwassertechnik. Heute ist der Sägagraba ein sauberer Wasserlauf, gespeist von Quellbächen wie dem Walzerbach und dem Appenwaldbächli. Rainer Künis schlug in diesem Zusammenhang vor, den Begriff „Bach“ statt „Graben“ zu verwenden, denn der revitalisierte Abschnitt sei mittlerweile ein ökologisch wertvoller Bach.
Revitalisierungsmassnahmen – Lebensräume für Flora und Fauna
Anschaulich erfuhren die Teilnehmer was an den Schlüsselstellen wie der ehemaligen Bewirtschaftungsbrücke konkret umgesetzt wurde: Durch den Rückbau von Fischbarrieren und das Einbringen von Strukturelementen wie Kies, Totholz und neu gepflanzten Weiden ist ein vielfältiges Mosaik an Lebensräumen entstanden. Solche Elemente brauchen die Tiere mehrere Jahre, um sich zu entwickeln – für viele Fischarten, Insekten und insbesondere für unsere Zielarten ist das essenziell, erklärte Künis.

Bei der Revitalisierung standen drei seltene, geschützte Arten im Fokus:
Dolenkrebs – ein Relikt aus Urzeiten, seit 500 Millionen Jahren auf der Erde, der nun wieder eine Heimat im Bach finden kann. „Sie sind europaweit selten und streng geschützt. Ihre Rückkehr ist ein grosser Erfolg für den Natur- und Artenschutz“, so Andrea Buchmann.

Die Elritze („Bammile“) – Fisch des Jahres 2024 in Liechtenstein – ein kleiner, wärmeliebender Schwarmfisch, speziell auf kiesige Bachstrukturen zur Fortpflanzung angewiesen. Durch das gezielte Einbringen von Kiesinseln wurde ideale Laichhabitat geschaffen.
Der Bitterling – ein aussergewöhnlicher Fisch, der zum Fortpflanzen heimische Teichmuscheln benötigt. Das Wechselspiel zwischen Muschel und Bitterling, bei dem auch die Muschellarven eine ausgeklügelte Strategie nutzen, begeisterte das Publikum.
Naturnahes jüngstes Kapitel – Bäume, Sträucher und Lebensqualität
Mit der Anpflanzung von Weidenstecklingen, dem Aufbau von natürlichen Uferstrukturen und gezieltem Schutzobjekten gegen Wildverbiss (u. a. mit beweglichen Rundgittern am Wurzelwerk) wurde ein nachhaltiger, vor Hochwasser und Erosion gesicherter Uferbereich geschaffen. So finden auch Eisvogel, Wild und Insekten wertvolle Lebensräume.
Bei kleinem „Unterricht am Bach“ konnten die Gäste lebende Muscheln, Elritzen und sogar Krebse aus nächster Nähe bestaunen. Fachkundig erklärten Andrea Buchmann die komplexen Wechselwirkungen: Der Eisvogel braucht die Elritze, der Bitterling braucht die Muschel – Natur ist immer ein Netzwerk. Sie leben in einer Dreiecksbeziehung, denn die weiblichen Fische legen ihre Eher in die Muschel, dort werden sie von den Männchen befruchtet, die eine «Affäre» mit der Muschel haben. Die Eier werden befruchtet und sind zugleich durch die Muschel vor Fressfeinden geschützt.

Ein Gewinn für Mensch, Natur und Region
Am Ende der Begehung waren sich die Anwesenden einig, dass der Sägagraba in seiner neuen Form ein Vorbild für naturnahe Gewässerentwicklung und Artenschutz ist. Auch die Hoffnung, dass andere Gemeinden diesem Positivbeispiel folgen, wurde laut. Die Revitalisierung des Sägagraba macht aus einem unscheinbaren Graben einen lebendigen Bach – ein Ort, an dem Natur wieder wachsen, Arten zurückkehren und Menschen Natur ganz neu erleben können.
