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Versachlichung der Politik?

Die mehrmalige Berichterstattung im Liechtensteiner Vaterland über das IWF-Jahrestreffen in New York wirft Fragen zur journalistischen Ausgewogenheit auf. In mehreren Beiträgen wird die Regierungschefin auffallend positiv dargestellt, während kritische Perspektiven nur am Rande vorkommen. Der Offenbarungseid steht in WirtschaftRegional von dieser Woche Seite 7: Banken […] ziehen eine positive Bilanz […]! Wem nützt also der IWF?

Im Artikel vom Dienstag wird zu Beginn die Aussage wiedergegeben, die betreffenden Gelder würden innerhalb eines Tages rücküberwiesen. Diese Information wird ohne erkennbare Prüfung als Tatsache präsentiert. Erst im zweiten Teil folgt die ablehnende Einschätzung von Johannes Kaiser – allerdings in einer Weise, die ihre Wirkung weitgehend abschwächt. Durch die Reihenfolge und Gewichtung der Argumente entsteht der Eindruck, dass die positive Darstellung im Vordergrund steht.

Es wird suggeriert, die Anlagen seien „werthaltig“, da sie Zinsen abwerfen. Dabei bleibt unerwähnt, dass Währungswechsel und mögliche Kursverluste die Zinsgewinne neutralisieren können. Eine solche Darstellung erzeugt beim Leser ein unvollständiges bis irreführendes Bild. Entscheidend ist die Frage, ob die Behauptung der tagesgleichen Rücküberweisung überhaupt korrekt ist. Wenn nicht, müsste die Redaktion prüfen, ob eine unvollständige oder unzutreffende Information veröffentlicht wurde. Gleiches gilt für die Verzinsung. Medien tragen Verantwortung für eine sachlich korrekte und ausgewogene Darstellung – besonders in einem kleinen Land wie Liechtenstein, wo Vertrauen in die Presse ein zentraler Bestandteil demokratischer Kultur ist. – Sieht so die zentrale Funktionen von Medien –Information, Meinungsbildung und Kontrolle – aus? Oder wird uns Sand in die Augen gestreut?

Norbert Obermayr

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