Startseite InlandLandtag Landtag lehnt Initiative für analoge Behördenkommunikation ab

Landtag lehnt Initiative für analoge Behördenkommunikation ab

Nach über dreieinhalb Stunden intensiver Debatte hat der Landtag heute die Gesetzesinitiative der DpL zur Sicherstellung nicht ausschliesslich elektronischer Kommunikation mit Behörden abgelehnt. Bei 25 anwesenden Abgeordneten stimmten nur sieben für ein Eintreten auf die Vorlage.

Kernforderung: Wahlfreiheit bei Behördenkontakten

Die Initiative von Abgeordnetem Achim Vogt und seinen DpL-Kollegen Erich Hasler, Marion Kindle-Kühnis, Thomas Rehak, Simon Schächle und Martin Seger zielte darauf ab, neben digitalen Kanälen dauerhaft auch analoge Kommunikationswege mit Behörden offenzuhalten. «Es geht darum, dass niemand zurückgelassen wird«, betonte Vogt in der Eintretensdebatte. Besonders ältere Menschen, Personen mit Einschränkungen oder solche, die bewusst auf Smartphones verzichten, würden durch die derzeitige Entwicklung faktisch ausgeschlossen.

Thomas Rehak ergänzte: «Es gibt Menschen, die mit dieser digitalen Welt Probleme haben, die es nicht wollen, nicht können oder nicht einmal die Möglichkeit dazu haben.» Die Initiative richte sich nicht gegen Digitalisierung, sondern gegen die «Zugangshürde».

Kritik an E-Mehrwertsteuer-Einführung

Besonders die Einführung der elektronischen Mehrwertsteuer-Abrechnung stand im Zentrum der Kritik. Landtagspräsident Manfred Kaufmann räumte ein, die Umsetzung sei über das Ziel hinausgeschossen – es habe an Augenmass, ausreichenden Übergangsfristen und praxisnahen Hilfestellungen gefehlt.

Abgeordneter Christoph Wenaweser (VU) bezeichnete das Registrierungsportal als «Burggraben mit sieben Krokodilen» und kritisierte, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter verpflichten müssen, sich mit der elektronischen Identität (eID) zu identifizieren, selbst wenn diese lediglich Briefträgerfunktionen übernehmen. Er forderte eine Anpassung des E-Government-Gesetzes, damit sich Unternehmen selbst identifizieren können – unabhängig davon, wer für sie handelt.

Regierung warnt vor hohen Kosten

Regierungschefin Brigitte Haas stellte klar, dass für Privatpersonen keine Verpflichtung zur elektronischen Kommunikation bestehe. Die Pflicht betreffe ausschließlich Unternehmen. Ein dauerhafter Parallelbetrieb analoger und digitaler Kanäle würde unverhältnismässig hohe Kosten verursachen und die digitale Transformation gefährden.

Haas räumte jedoch Schwierigkeiten bei der Einführung ein: «Der Start der e-Mehrwertsteuer war nicht frei von Herausforderungen. Im Nachhinein gesehen hätte am Anfang eine noch bessere Abstimmung mit den Nutzern erfolgen müssen.» Die Regierung arbeite intensiv an Verbesserungen der Benutzerfreundlichkeit.

Kontroverse um Benutzerfreundlichkeit

Tanja Cissé (VU) warf der DpL vor, im Parteiblatt Halbwahrheiten, nein Lügen über die Stipendien-Einreichung zu verbreiten. Tatsächlich stehe das Team der Stipendienstelle persönlich zur Verfügung, wenn jemand keine elektronische Einreichung vornehmen könne.

Sebastian Gassner (FBP) zeigte sich frustriert über die seiner Meinung nach falschen Behauptungen und betonte: «Die richtige Lösung wäre, wenn man hier eine App entwickelt, wo die Reisenden die Reisedokumente abfotografieren können. Das ist benutzerfreundlich – aber nicht irgendwelche analogen Prozesse wieder herbeizuführen.«

Cybersicherheit als Argument

Die Initianten argumentierten auch mit Cybersicherheit. Rehak verwies auf den Ransomware-Angriff auf die Universität Liechtenstein und warnte: «Wenn wir uns keinen einzigen Analogprozess mehr überlegt haben, dann möchte ich hier drin Ihre langen Gesichter sehen.» Analoge Notfallprozesse seien unverzichtbar.

Stefan Öhri (VU) konterte, die Initiative würde bei Cyberangriffen nicht helfen, da die Verwaltung Formulare ohnehin digitalisieren würde. Die relevanten Backup- und Notfallkonzepte gingen über die Initiative hinaus.

Wirtschaft gespalten

Der Transportunternehmer Simon Schächle (DpL) schilderte aus der Praxis die Hürden der Digitalisierung. Ein Transportgenehmigungsverfahren, das früher mit einem Telefonat erledigt war, führe heute durch komplexe Online-Portale. «Wir sitzen nicht alle in sauberen Anzügen am Tisch – einige von uns arbeiten draussen«, mahnte er.

Demgegenüber betonten mehrere Abgeordnete die Vorteile digitaler Prozesse. Lino Nägele (FBP) warnte: «Wenn wir jetzt viel Energie in die Wiedereinführung paralleler Analogprozesse stecken, fehlt diese Energie für die Verbesserung der digitalen Lösungen.«

Fazit: Digitalisierung ja, aber besser

Die Ablehnung der Initiative bedeutet keine Absage an Verbesserungen. Praktisch alle Redner forderten benutzerfreundlichere digitale Lösungen und bessere Einbindung der Betroffenen bei künftigen Projekten. Nadine Vogelsang (FBP) appellierte an die Verantwortlichen: «Keep it simple – digitale Prozesse dürfen keinesfalls komplizierter werden als analoge

Das alternative Anmeldeverfahren beim Dienstleistungszentrum Giessen, wo Personen ohne eID persönliche Unterstützung erhalten, wird laut Regierung bis Ende 2026 fortgeführt. Laut Haas haben bis heute rund 40 Personen dieses Angebot genutzt – bei 93 Prozent registrierten Mehrwertsteuerpflichtigen Ende Juli 2025.

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