Startseite Inland Erbprinz Alois begrüsst Justizreform: «Insgesamt sehr gelungen»

Erbprinz Alois begrüsst Justizreform: «Insgesamt sehr gelungen»

Interview Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein
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In einem schriftlichen Interview hat S.D. Erbprinz Alois dem Landesspiegel seine Ansichten zur geplanten Justizreform in Liechtenstein darlegt.

Wie stehen Sie grundsätzlich zur der geplanten Justizreform?

Im Unterschied zum Vernehmlassungsentwurf, bei dem ich vor allem die Abschaffung des Obersten Gerichtshofes als problematisch gesehen habe, finde ich die nun gemäss Bericht und Antrag geplante Justizreform als insgesamt sehr gelungen. Am meisten Diskussionsbedarf erwarte ich mir noch betreffend die Regelung zur Abgrenzung zwischen erkennendem Senat und verstärktem Senat beim Obersten Gerichtshof.

Welche Vorteile erwarten Sie sich von der Erhöhung der Zahl der vollamtlichen Richter?

Die Erhöhung der Zahl an vollamtlichen Richtern hat aus meiner Sicht mehrere Vorteile. Erstens wird Liechtenstein immer wieder kritisiert, dass aufgrund des relativ hohen Anteils an nebenamtlichen Richtern, von denen viele praktizierende Rechtsanwälte sind, Risiken von Interessenkonflikten bestehen. Obwohl die nebenamtlichen Rechtsanwälte grundsätzlich sehr verantwortungsvoll mit Befangenheitssituationen umgehen, können gewisse Interessenskonflikte nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Da mit dem Bericht und Antrag nun auch für alle Höchstgerichte zusätzlich zu den bisher üblichen nebenamtlichen Richtern vollamtliche Richter vorgesehen sind, könnten wir in Zukunft Senatsmehrheiten von praktizierenden Rechtsanwälten ausschliessen und dadurch die Problematik von solchen Interessenkonflikten wesentlich reduzieren.

Zweitens müssen wir heute vor allem beim Staatsgerichtshof wegen Befangenheitssituationen regelmässig Ad-hoc-Richter bestellen. Besonders bei grossen Verfahren, die viele Rechtsanwaltskanzleien im Land betreffen, ist es manchmal gar nicht so einfach, Ad-hoc-Richter zu finden. Auch dieses Problem liesse sich mit den im Bericht und Antrag vorgesehenen vollamtlichen Präsidenten und stellvertretenden Präsidenten des Staatsgerichtshofes weitgehend beseitigen.

Drittens ist gerade bei den Höchstgerichten festzustellen, dass die Anzahl Bewerbungen für eine Richterstelle in den letzten Jahren kontinuierlich abgenommen hat. Entsprechend gestaltet es sich mitunter schwierig, geeignete Richterinnen und Richter im Nebenamt zu rekrutieren, die auch bereit sind, Entscheidungsentwürfe auszuarbeiten.

Viertens könnten wir mit der geplanten Reform beim Obersten Gerichtshof das grosse Fachwissen der nebenamtlichen, internationalen Fachexperten mit den lokalen Kenntnissen der vollamtlichen Richter verknüpfen und dadurch eine Qualitätssteigerung erreichen.

Als Vorsitzender im Richterauswahlgremium haben Sie einen Einfluss auf die Entscheidung, wer in Liechtenstein Richter wird. Welches sind neben den fachlichen Kriterien die ausschlaggebenden Eigenschaften für einen Kandidaten?

Neben den fachlichen Kriterien sind vor allem Unabhängigkeit, Unparteilichkeit Integrität, Entscheidungsstärke und – besonders bei den Kollegialgerichten – Teamfähigkeit ausschlaggebende Eigenschaften.

Haben Sie schon einmal einen Kandidaten abgelehnt?

Nein. Obwohl die Entscheidungen über die Vorschläge des Richterauswahlgremiums an den Landtag grösstenteils im Konsens getroffen werden, hat das Richterauswahlgremium natürlich auch schon Mehrheitsentscheide gefällt, bei denen ich persönlich andere als die vorgeschlagenen Kandidatinnen und Kandidaten als geeigneter beurteilt habe. Zwar können gemäss Art. 96 der Verfassung Kandidaten nur mit Zustimmung des Landesfürsten vom Richterauswahlgremium dem Landtag empfohlen werden, diese hat aber weder mein Vater noch ich je verweigert.

Aktuelle kommen viele Richter beim OGH aus dem Ausland, viele waren oder sind in Osterreich oder der Schweiz als Professoren oder Höchstrichter tätig. Daher verfügen sie über Erfahrung mit der Rechtsauslegung in den Rezeptionsländern. Durch die Reform konnte man davon ausgehen, dass mehr Richter den Karriereweg über das Landgericht zum OGH gehen werden. Befürchten Sie, dass dadurch die Erfahrung abnehmen könnte?

Nein. Im Unterschied zum Vernehmlassungsentwurf sieht der Bericht und Antrag nämlich vor, dass der OGH beibehalten wird und ein Richterpool von vollamtlichen Richtern einerseits sowie den bewährten nebenamtlichen nationalen und internationalen Experten andererseits geschaffen wird. Im Vergleich zur heutigen Regelung sehe ich vielmehr die Chance, durch diesen Richterpool noch mehr internationale Erfahrung und Expertenwissen in den OGH zu bekommen.

Die Rechtsanwaltskammer hat Bedenken geäussert, dass die Abschaffung einer Rechtsmittelinstanz zu einer Schwächung des Rechtsschutzes führen könnte. Wie begegnen Sie dieser Kritik?

Zwar bin ich kein Experte des Verfahrensrechtes, ich glaube aber, dass die Abschaffung einer Rechtsmittelinstanz nicht zwangsläufig zu einer Schwächung des Rechtsschutzes führen muss. In diesem Zusammenhang ist ausserdem auf die geplante Schaffung von verstärkten Senaten hinzuweisen, welche im Vernehmlassungsbericht noch nicht vorgesehen war und den Rechtschutz stärken sollte. Für mich ist auch nicht die Abschaffung einer Rechtsmittelinstanz das Entscheidende der Justizreform, sondern das Gesamtpaket mit seinen vielen Verbesserungen, inklusive die vorher erwähnten Vorteile des Einsatzes von vollamtlichen Richtern bei den Höchstgerichten.

Die erste Lesung im Landtag wird sicherlich noch einige Anregungen bringen, die zu weiteren Optimierungen auf die zweite Lesung hin führen könnten. Ich bin aber überzeugt, dass wir die Qualität unserer Gerichte und damit auch des Rechtsschutzes erheblich steigern können, wenn wir eine auf dem Bericht und Antrag basierende Justizreform beschliessen. Nicht zuletzt wegen der vielen anstehenden Pensionierungen von Leistungsträgern unter den Richtern und den damit verbundenen Herausforderungen bei deren Nachbesetzung sollten wir dies unbedingt noch in dieser Legislaturperiode tun. Letztlich hängt die Qualität unserer Gerichte vor allem auch von der Qualität unserer Richter und Richterinnen ab und für deren Bestellung bringt die geplante Justizreform entscheidende Verbesserungen.  

Die Rechtsanwaltskammer befürchtet weiter eine Schwächung des Rechtsschutzes durch die Beschränkung auf eine Rechtsmittelinstanz. Wie sehen Sie das? Auf diese Frage kann ich nur meine soeben gegebene Antwort wiederholen

Dornröschen

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