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Hinter den Kulissen der UN-Generalversammlung

New York im September – für eine Woche ist die Stadt Ausnahmezustand. Rund um das UNO-Hauptquartier in Manhattan herrscht Stau und Stillstand, die First Avenue ist gesperrt, auch auf der Second und Third Avenue bewegt sich am Nachmittag kaum mehr etwas. Selbst Diplomaten müssen zu Fuss gehen, wenn sie von einem Termin zum nächsten eilen.

Die Generalversammlung birgt Überraschungen. Journalisten warten oft lange, ohne genau zu wissen, was passiert. Plötzlich steht Präsident Donald Trump vor ihnen oder die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter steht den Journalisten spontan im Garten des UNO-Areas für Fragen zur Verfügung. Solche Begegnungen unterstreichen die Dynamik des Events.

Hier merkt man einen klaren Unterschied, wie Regierungen verschiedener Länder mit der Presse umgehen. Manche Journalisten berichten, dass sie gar keine Gespräche mit ihren Vertretern führen können und auch von vielen Informationen ausgeschlossen werden. Hier sind die Journalisten aus der Schweiz und Liechtenstein klar im Vorteil. Die Botschaften unterstützen die Journalisten nach Kräften bei ihrer Arbeit.  

Proteste prägen das Strassenbild

Während drinnen Diplomaten verhandeln, protestieren draussen Aktivisten. Pro-Palästina-Demonstranten säumen die Strassen rund um das UN-Gebäude. Ihre Plakate und Sprechchöre sind unüberhörbar.

Chinesische Proteste

Die chinesische Diaspora organisiert Proteste unter dem Titel «EndCCP». Iranische NGOs machen ebenfalls auf ihre Anliegen aufmerksam. Das Strassenbild wird von diesen verschiedenen Protesten geprägt.

Für Diplomaten und Journalisten bedeutet das zusätzliche Umwege. Die ohnehin komplizierten Verkehrswege werden durch die Strassensperren noch unberechenbarer. Wer New York kennt, weiss, dass die Hotelpreise ohnehin zu den teuersten der Welt gehören. In der High Level Week steigen sie nochmal dramatisch an. Das macht für manche Delegationen und Beobachter die Wege noch länger.

Zwischen Reform und Konflikten

Die UNO bleibt die zentrale Plattform für die Aussenpolitik. Inhaltlich bot die Generalversammlung ein gemischtes Bild. Die USA spielten in den Diskussionen über eine mögliche UNO-Reform eine zentrale Rolle und stehen hier auf der Bremse. Unterstützen die Reformbemühungen von Generalsekretär Guterres und auch die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter trat intensiv für eine effizientere UNO und einen nachhaltigen Multilateralismus ein. Der Standort Genf könne wesentlich dazu beitragen.

Pressekonferenz mit Karin Keller-Sutter
Pressekonferenz mit Karin Keller-Sutter

Auch zur Ukraine gab es Bewegung, deren konkrete Bedeutung sich aber erst noch zeigen müsse. Deutlich im Vordergrund stand jedoch der Nahe Osten. Mehrere Länder haben Palästina als Staat anerkannt.

Liechtenstein positioniert sich hier klar: Regierungschefin-Stellvertreterin Sabine Monauni bekräftigte in ihrer Rede die Unterstützung der Zwei-Staaten-Lösung. Eine politische Anerkennung bleibe eine Frage des Zeitpunkts.

Zahlreiche Side Events

Die UN-Generalversammlung ist mehr als die grosse Bühne im Plenarsaal. Sie ist ein dichtes Geflecht aus Begegnungen, Zufällen, langen Fussmärschen und spontanen Gesprächen.

Abseits der grossen Reden laufen dutzende Side Events. In einem eigenen SDG-Zelt auf dem UNO-Gelände widmen sich hochkarätige besetzte Diskussionsrunden den UN-Nachhaltigkeitszielen. Beispielsweise ein Business of Fashion Panel, bei dem Experten über die Rolle der Mode in der Kreislaufwirtschaft diskutieren. Die Diskussion zeigt: Die Modeindustrie steht vor dem Wandel vom linearen zum zirkulären Modell. Produzieren, nutzen, wegwerfen – diese Logik soll durchbrochen werden.

Anderes Event dort behandeln den bedrohten Wintersport. Der Klimawandel gefährdet ganze Wirtschaftszweige in den Alpenländern. Themen, die auch Liechtenstein direkt betreffen.

Organisatorischer Kraftakt für kleine Delegation

Mitten in diesem diplomatischen Grossereignis steht auch die liechtensteinische Delegation. Sie ist in diesem Jahr hochrangig besetzt: Neben Erbprinz Alois war Regierungschefin-Stellvertreterin Sabine Monauni mit einer Delegation aus dem Aussenministerium in New York.

Botschafter Christian Wenaweser
Botschafter Christian Wenaweser

Hinter den Kulissen arbeitet die Botschaft auf Hochtouren. Jeder Termin erfordert aufwendige Koordination. Die Verkehrslage zwingt zu ständigen Planänderungen. Der Zeitplan ist sehr dynamisch. Oft muss schnell reagiert werden. Bilaterale Treffen werden kurzfristig verschoben, auf aktuelle politische Entwicklungen muss reagiert werden.

In einem Gespräch am Donnerstag zog Liechtensteins UN-Botschafter Christian Wenaweser ein positives Zwischenfazit: „Wir hatten wertvolle Termine mit Generalsekretär Guterres, Präsident Selenskyj und der Präsidentin der Generalversammlung, Annalena Baerbock.“ Auch die von Liechtenstein organisierten Veranstaltungen seien sehr positiv angekommen.

Dann gibt es auch noch bilaterale Verträge, die im Rande unterschrieben werden, wie das Doppelbesteuerungsabkommen mit Montenegro. Auch das will gut vorbereitet und organisiert werden.

Gespräch mit Syrien

Einen bilateralen Austausch gab es auch mit Syrien. Monauni traf sich mit dem syrischen Aussenminister Asaad Hassan Al-Shaibani – bemerkenswert nach einer langen Phase ohne direkten Kontakt. Der Grund für die lange Funkstille: Liechtenstein war massgeblich an der Einrichtung des Mechanismus zur Aufarbeitung von Kriegsverbrechen beteiligt, was die Beziehungen lange Zeit blockierte.

Sabine Monauni im Gespräch mit Monauni mit dem syrischen Aussenminister Asaad Hassan Al-Shaibani
Sabine Monauni im Gespräch mit Monauni mit dem syrischen Aussenminister Asaad Hassan Al-Shaibani

Die Gespräche sind zwar kurz, aber dennoch keine reinen Förmlichkeiten „Wir reden über Inhaltliches“, erklärte Botschafter Wenaweser. In zwanzig Minuten sei es gelungen, wichtige Themen wie Migration, regionale Stabilität und eine anstehende Resolution der Generalversammlung anzusprechen. Zudem habe der syrische Aussenminister eine Einladung ausgesprochen – ein möglicher Ansatzpunkt für weitere Gespräche.

Aufwand, der sich lohnt

So gross die Bühne, so hoch der organisatorische Druck. Für die Mission in New York bedeutet die Generalversammlung eine Woche voller Termine, Abstimmungen und kurzfristiger Planungen. „Es ist für uns sehr viel Aufwand, wie für alle anderen auch“, sagt Wenaweser. „Aber es ist Aufwand, der sich auf jeden Fall lohnt.“

Impressionen

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