Wenige Tage vor dem geplanten Beitritt Bulgariens zur Eurozone haben Tausende Menschen im Zentrum der Hauptstadt gegen die Einführung des Euro protestiert. Die Demonstranten verlangen eine Volksabstimmung – und wollen den Zeitplan kippen.
Die Menge versammelte sich auf dem zentralen Platz in Sofia. Dort errichteten sie Zelte und riefen ihre Aktion zur „Stadt des Lew“ aus – benannt nach der bulgarischen Landeswährung. Auf einem grossen Transparent stand: „Der Kampf um den Lew ist der letzte Kampf für Bulgarien.“
Angeführt wurde der Protest von Bürgerinitiativen, nationalistischen Gruppen und pro-russischen Parteien. Sie lehnen den Euro strikt ab. Besonders laut meldete sich Kostadin Kostadinov, Chef der Partei „Wiedergeburt“, zu Wort. Er warnte: „Wenn der Euro kommt, verlieren wir die Kontrolle über unser Geld. Die Europäische Zentralbank bestimmt dann über unser Budget.“ Er sprach sogar von Verrat am Staat.
Abgeordnete aus Deutschland, Litauen, Rumänien, der Slowakei, Tschechien und Ungarn reisten an, um die Demonstranten zu unterstützen. Parallel brachte die Partei „Wiedergeburt“ im Parlament ein Misstrauensvotum gegen die Regierung ein. Der Vorwurf: Die Regierung betreibe die Euro-Einführung mit Zwang und habe versäumt, die öffentlichen Finanzen zu stabilisieren. Die Abstimmung findet nächste Woche statt. Politische Beobachter rechnen jedoch nicht mit einem Regierungswechsel.
Der EU-Beitritt Bulgariens liegt inzwischen fast 20 Jahre zurück. Nun steht das Land kurz vor dem Eintritt in die Eurozone. Die letzte Hürde: Die Zustimmung des Europäischen Parlaments und des Rats für Wirtschaft und Finanzen am 8. Juli. Die Einführung des Euro ist für den 1. Januar 2026 geplant.
Trotz der rechtlichen Bindung des Lew an den Euro – der Wechselkurs liegt seit Jahren fest – schüren Gegner Ängste vor Preissteigerungen und wachsender Armut. In sozialen Medien kursieren viele falsche Behauptungen über die Folgen des Währungswechsels. Experten geben jedoch Entwarnung: Kurzfristig werde sich wirtschaftlich kaum etwas ändern.
Doch viele Bulgaren sind skeptisch. Zu tief sitzt das Misstrauen gegenüber den Eliten. Korruption und politische Krisen haben das Land über Jahre gelähmt – und den Glauben an europäische Versprechen geschwächt. Der Euro ist für viele längst mehr Symbol als Währung.