Nach mehr jahrelangen Verfahren und zahlreichen Instanzenentscheiden ging gestern das Verfahren gegen einen Rechtsanwalt vor dem Fürstlichen Landgericht in eine weitere Runde. Die Akten füllten dabei vier grosse Kisten, die fast bis zur Decke des Gerichtssaals reichten, und auch der Zuschauerraum war bis auf den letzten Platz besetzt. Der Angeklagte, ein Anwalt, sah sich der Vorwürfe des schweren Betrugs, teils als Versuch, der Geldwäsche und der Sorgfaltspflichtverletzung ausgesetzt.
Bereits während des ersten Verfahrensgangs haben mehrere Verfahrensanträge des Angeklagten durch alle Instanzen bis zum Staatsgerichtshof gefunden. Schlussendlich wurde er im Jahr 2022 vom Kriminalgericht zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt. Rechtsanwalt soll im Rahmen einer Klage gefälschte Dokumente verwendet haben und in Verbindung mit einem österreichischen Staatsbürger einen Kredit über 150.000 Euro abgewickelt haben. Dieser Kredit floss über eine Gesellschaft, deren Direktor der Angeklagte war, an den Österreicher. Dieser war aufgrund verschiedener Malversationen, für die er auch verurteilt wurde, nicht mehr in der Lage, den Kredit zurückzuzahlen. Der Angeklagte soll von der Zahlungsunfähigkeit gewusst haben – oder davon hätte wissen müssen. So sind die Kreditgeber geschädigt worden. Der Angeklagte erhob jedoch Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil. Das Urteil wurde teilweise aufgehoben. Jedoch wurde auch dieses Urteil vom OGH nochmal abgeändert und teilweise zur Ergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen. Teilweise wurde der Schuldspruch als bereits rechtskräftig.
Das Kriminalgericht setzte daraufhin im August 2024 erneut einen Verhandlungstermin an. Kurz vor diesem zeigte der Rechtsanwalt den Vorsitzenden Richter, den Beisitzer und den Staatsanwalt an. Er stellte einen Befangenheitsantrag und einen Antrag, den Verhandlungstermin zu verschieben. Der Angeklagte erschien darum auch damals nicht zur Verhandlung, was dazu führte, dass er in Untersuchungshaft genommen wurde.
Zu Beginn der gestrigen Verhandlung wurde über den Befangenheitsantrag entschieden. Weder die Richter noch der Staatsanwalt sahen sich als befangen an. Nach kurzer Beratung lehnte der Senat den Antrag ab und die Beweisaufnahme konnte beginnen.
Der Staatsanwalt betonte in seinem Eröffnungsplädoyer, dass der Angeklagte die finanziellen Schwierigkeiten seines Klienten kennen musste. Sonst würde es für ihn keinen Sinn machen, dass der Österreicher einen Kredit mit 7 Prozent Zinsen aufnehmen würde. Das lässt sich aus seiner Sicht auch nicht mit steuerlichen Aspekten oder Leverage-Effekten erklären. Der Angeklagte selbst verteidigte sich mit der Begründung, sein Klient habe über ausreichende Vermögenswerte verfügt, darunter mehrere Wohnungen in Österreich und ein Wertpapierdepot. Er hätte sich in sein Online-Banking eingeloggt und Vermögenswerte gezeigt. Durch sein Einkommen in Liechtenstein und die Mieteinnahmen der Wohnungen sei er in der Lage gewesen, den Kredit zurückzuzahlen. Zudem hätte der Österreicher selbst nie konkrete Hinweise auf finanzielle Probleme gegeben.
Am Schluss der Verhandlung stellte der Angeklagte weitere Beweisanträge. Er wollte zusätzliche Zeugen, vorgeladen haben. Diesen Antrag lehnte der Senat ebenso ab, wie den Antrag auf eine Mutwillensstrafe gegen die Privatbeteiligten. Diese hätte aus Sicht des Angeklagten, die Schäden vorsätzlich falsch berechnet, um ihn zu schädigen.
In seinem Schlusswort erklärte er erneut, nichts von der finanziellen Schieflage und den Machenschaften des Österreichers gewusst zu haben. Dennoch blieb das Gericht skeptisch. Die Ausführungen des Angeklagten überzeugte das Gericht nicht. Man erkannte im Handeln des Anwalts einen Eventualvorsatz. Das bedeutet, er hat es ernstlich für möglich gehalten, dass der Österreicher den Kredit nicht zurückzahlen wird können und er hat sich damit abgefunden. Ebenso sah das Kriminalgericht den Vorwurf der Geldwäscherei und der Fälschung von Beweismitteln als erwiesen an. Hingegen wurde der Angeklagte bezüglich der Verletzung der Sorgfaltspflichten freigesprochen wurde. Hierbei geht es um den Vorwurf, dass der Angeklagte als Rechtsanwalt bei der FIU die verdächtigen Transaktionen anzeigen hätte müssen. Da er als Direktor der Gesellschaft sich dadurch aber selbst belasten hätte müssen, kann er deswegen nicht verurteilt werden.
Das Gericht reduzierte die Freiheitsstrafe um drei Monate, sodass der Angeklagte 27 Monate Freiheitsstrafe erhalten hat. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, es gilt die Unschuldsvermutung.