Heute Abend fand in Schaan der Wirtschaftsausblick 2023 der Stiftung Zukunft.li statt, bei dem zahlreiche Experten und Unternehmensvertreter zusammenkamen, um die aktuelle wirtschaftliche Situation in Liechtenstein und weltweit zu analysieren. Peter Eisenhut, Stiftungsratspräsident der Stiftung Zukunft.li, und Andreas Brunhart vom Liechtenstein-Institut gaben zunächst einen Rückblick auf das vergangene Jahr.
Wie in vielen Ländern der Welt war auch die Wirtschaft Liechtensteins im Jahr 2020 von der Corona-Pandemie betroffen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank um 5 Prozent. Doch die Erholung war erstaunlich schnell und bereits im Jahr 2021 konnte ein starkes Wachstum verzeichnet werden. Leider gab es im Jahr 2022 einen erneuten Rückgang des BIP um 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Die Volatilität der Konjunktur ist in kleinstaatlichen Ländern wie Liechtenstein besonders stark ausgeprägt. Dennoch ist die liechtensteinische Wirtschaft daran gewöhnt, mit diesen Schwankungen umzugehen und konnte die Erholung schneller bewältigen als viele andere Länder. Die Einschätzung des Liechtenstein-Instituts für das restliche Jahr ist jedoch noch gedämpft, aber für 2024 wird eine deutliche Erholung erwartet.
Was erwartet globale Unternehmen?
Für Unternehmen in Liechtenstein und weltweit ist die aktuelle Situation äusserst herausfordernd. Christoph Loos, Verwaltungsratspräsident der Hilti Group, betonte, dass der Krieg in der Ukraine eine besondere Herausforderung darstellt, insbesondere für die Mitarbeiter vor Ort in der Ukraine und in Russland.
Er wies darauf hin, dass es derzeit grosse Tendenzen gibt, Unternehmen vorzuschreiben, dass sie nur noch mit Ländern Geschäfte machen dürfen, die auch «unsere» Moral und Werte teilen. Aber ein Viertel der Weltbevölkerung lebt nicht in einer Demokratie, wie wir sie uns vorstellen. Wenn Unternehmen dazu gezwungen werden, mit diesen Ländern keine Geschäfte mehr zu machen, dann droht ein enormer Schaden für diese Unternehmen und damit auch für unseren Wohlstand.
Loos betonte auch, dass es in Ländern wie Russland Millionen von Menschen gibt, die nichts mit dem Krieg zu tun haben. Wenn Unternehmen wie Nestlé weiterhin in diesen Ländern präsent sind, kann man zumindest etwas bewegen und den Menschen vor Ort helfen, die nichts dafür können. Das Verbot von Geschäften in diesen Ländern würde letztendlich auch den Menschen schaden, die von den Unternehmen abhängig sind. Das gefährde den Wohlstand.
Warum braucht ein kleines Land eine aktive Aussenpolitik?
Dieser Frage stellte sich Aussenministerin Dominique Hasler. Für Sie ist klar, dass in Liechtenstein in den letzten 300 Jahren viele Entscheidungen mit Weitblick gefällt wurden, und das war gut so, denn nur deshalb steht das Land heute so gut da. Ein exportorientierter Kleinstaat wie Liechtenstein braucht offene Grenzen. Die Exportquote beträgt 85 Prozent, wobei der Dienstleistungsexport noch nicht mitgerechnet ist.
Daher sind offene Grenzen unerlässlich. Wenn sich das Land aktiv in internationalen Organisationen wie der EFTA und dem EWR engagiert, kann es auch dort etwas bewegen. Ohne diese aktive Aussenpolitik würde es der Wirtschaft nicht so gut gehen, ist sie überzeugt. In Allianzen wie der WTO kann man viel dafür tun, dass der internationale Handel regelbasiert stattfindet und nicht das Recht des Stärkeren gilt. Denn wenn das der Fall ist, hat ein so kleines Land wie Liechtenstein verloren.
Die Vorherrschaft der USA ist zu Ende
Zum Ende der Veranstaltung waren sich die Diskussionsteilnehmer einig, dass die Vorherrschaft der USA als einzige Supermacht zu Ende geht. Es zeichnet sich entweder eine bipolare Weltordnung mit den USA und China als Machtzentren oder eine multipolare Welt mit verschiedenen politischen Akteuren wie Brasilien und Indien ab, die sich gegenseitig in Ruhe lassen. Allerdings herrscht die Befürchtung, dass im Falle einer Eskalation zwischen den USA und China Unternehmen wie Hilti, die in beide Länder liefern, Schwierigkeiten bekommen könnten. Sanktionen könnten dazu führen, dass sie nicht mehr nach China liefern können und somit grosse Umsatzeinbussen hinnehmen müssen.
Steigenden Zinsen als Gefahr für die Weltwirtschaft
In der Diskussion wurde auch die steigenden Zinsen als potenziell gefährlich für die globale Wirtschaftslage angesehen. Besonders in den USA ist die Situation besorgniserregend, da das Land bereits mehr für Zinszahlungen ausgibt als für Bildung und fast genauso viel wie für die ohnehin hohen Verteidigungsausgaben. Die Experten betonten, dass ein weiterer Anstieg der Zinsen schwerwiegende Folgen haben könnte, insbesondere für Länder und Unternehmen, die hohe Schulden aufgenommen haben.
Die Liechtensteiner Wirtschaft ist stark und resilient
Einen Stillstand der Globalisierung und gegen Ende des Jahres einen Rückgang der Inflation prognostizieren die Experten. Die Unternehmen in Liechtenstein sind dank ihres Mutes und ihrer Flexibilität gut aufgestellt, was einen positiven Zukunftsausblick für die kommenden Monate und Jahre verspricht. Trotz der Herausforderungen, vor denen grosse und kleine Unternehmen stehen, gibt es eine optimistische Grundstimmung und die Erwartungen an die Zukunft sind insgesamt positiv. Liechtenstein wird sich weiterhin aktiv in die internationalen Beziehungen einbringen und somit auch in Zukunft eine wichtige Rolle auf der globalen Bühne spielen.