Mit einem weltweit beachteten Schritt hat Albanien erstmals eine künstliche Intelligenz auf Ministerebene ernannt. Ministerpräsident Edi Rama stellte am Donnerstag bei der Präsentation seines neuen Kabinetts die KI „Diella“ vor, die künftig das gesamte öffentliche Beschaffungswesen überwachen und Ausschreibungen vergeben soll. „Diella“ – benannt nach dem albanischen Wort für „Sonne“ – soll Korruption bei staatlichen Aufträgen verhindern, einem Bereich, der in dem Balkanland seit Jahren im Fokus internationaler Kritik steht. Rama bezeichnete die virtuelle Ministerin als Garant dafür, dass Ausschreibungen künftig „zu 100 Prozent frei von Korruption“ seien.
Technische Details zur Funktionsweise, etwa zur Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen, zur Datengrundlage oder zu Kontrollmechanismen, veröffentlichte die Regierung bislang nicht. Auch bleibt offen, welche Rolle das Parlament und die Justiz bei der Überprüfung von Diellas Entscheidungen spielen werden.
Die Ernennung folgt auf die Parlamentswahl im Mai, die Ramas Sozialisten eine vierte Amtszeit sicherte. Ein zentrales Wahlversprechen war die Reform des Beschaffungswesens – ein Schritt, den Rama als Voraussetzung für den angestrebten EU-Beitritt bis 2030 bezeichnete.
Ganz neu ist Diella den Bürgerinnen und Bürgern jedoch nicht. Bereits Anfang des Jahres war die KI als virtueller Assistent auf dem staatlichen Portal e-Albania eingeführt worden, wo sie Anfragen zu Dokumenten bearbeitet und digitale Bescheinigungen ausstellt. Nun erhält sie erstmals Ministerrang und umfassende Verantwortung für öffentliche Aufträge.
Die Reaktionen in Albanien fallen gemischt aus. Befürworter loben den mutigen Schritt und hoffen auf ein Ende von Vetternwirtschaft, Einschüchterung und Bestechung. Kritiker hingegen warnen, dass auch ein Algorithmus nicht gegen Manipulation gefeit sei und Bieter nur schwer gegen automatisierte Entscheidungen vorgehen könnten. Auch internationale Beobachter mahnen, dass KI-Lösungen nur dann wirksam sind, wenn Datenqualität, Transparenz und unabhängige Kontrolle gewährleistet sind.
In den sozialen Medien schwanken die Kommentare zwischen Neugier und Skepsis. Manche Nutzer witzelten, dass Fehler künftig bequem „der KI“ zugeschrieben werden könnten, während Verantwortliche unangetastet blieben.
Albanien gehört damit zu den ersten Staaten weltweit, die eine künstliche Intelligenz auf Kabinettsebene einsetzen. Ob „Diella“ tatsächlich Korruption eindämmen und Verfahren beschleunigen kann, wird sich schon bald bei den ersten grossen Infrastruktur- und Kommunalprojekten zeigen.
 
			        