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Journalismus im Wandel – Patrik Schädler über neun Jahre beim „Liechtensteiner Vaterland“

Patrik Schädler
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Vor Kurzem wurde bekannt, dass Patrik Schädler nach neun Jahren als Chefredakteur des „Liechtensteiner Vaterlands“ das Medienhaus verlassen wird. Für viele kam der Rückzug des im In- und Ausland angesehenen Journalisten überraschend. Im Interview mit dem Landesspiegel sprach er über seine vielseitige Karriere, seine Erfahrungen in diesem Beruf und die Veränderungen in der Medienbranche.

Landesspiegel: Was hat dich dazu bewogen, in den Journalismus zu gehen?

Patrik Schädler: Der Journalismus hat mich von Anfang an fasziniert. Es ist ein Beruf, in dem man stets nah an den Informationen ist und sich mit vielen verschiedenen Themen beschäftigen muss – Themen, mit denen man sich sonst wohl nie befassen würde. Man baut ein breites Netzwerk auf, trifft interessante Leute und erlebt sowohl die Sonnenseiten als auch die Schattenseiten dieses Jobs.

Die Arbeit ist von unregelmässigen Arbeitszeiten geprägt, oft stressig – sei es wegen der Geschwindigkeit oder der Menge an Informationen, die man verarbeiten und koordinieren muss. Aber trotz der Herausforderungen überwiegt für mich das Positive.

Landesspiegel: Hattest du von Anfang an das Ziel, einmal Chefredakteur zu werden?

Patrik Schädler: Nein, das war anfangs nicht mein Ziel. Als ich in den 90ern die Journalistenausbildung gemacht habe, war mir zunächst nur bewusst, welche Möglichkeiten sich bieten.

Ich hatte sicherlich den Vorteil, dass ich vom Medienhaus gefördert wurde. Dann war ich für kurze Zeit beim Radio und hatte schon mit Anfang 20 die Position des stellvertretenden Chefredakteurs des „Vaterlands“ bekommen – was eher ungewöhnlich ist. In einem anderen Land wäre das wohl kaum möglich gewesen.

Landesspiegel: Was waren für dich die Highlights in neun Jahre als Chefredakteur?

Patrik Schädler: Highlights gibt es viele. Besonders spannend fand ich immer politische Ereignisse wie Abstimmungen und Wahlen – egal ob Gemeinderats- oder Landtagswahlen.

Solche Tage sind für Journalisten meist anstrengend, aber auch unglaublich spannend. Man begleitet eine lange Vorlaufzeit, und dann fällt an einem bestimmten Punkt die Entscheidung.

Daneben gibt es natürlich viele einzelne Geschichten, die für Aufregung gesorgt haben. Aus meiner ersten Phase in den 90ern ist mir noch der Lawinenwinter besonders in Erinnerung geblieben. Ich war damals Jungjournalist und habe die Ereignisse intensiv begleitet – damals noch fast ausschliesslich in Papierform. Ich habe heute noch zwei volle Bundesordner mit Material aus dieser Zeit.

Ein trauriger, aber prägender Moment war sicherlich das Aus des Volksblatt. Das brachte grosse Veränderungen mit sich – auch intern. Der direkte Vergleich zwischen zwei Tageszeitungen fiel von einem Tag auf den anderen weg.

Landesspiegel: Du hast das Volksblatt angesprochen. Was hat sich für dich durch dessen Wegfall am meisten verändert?

Patrik Schädler: Der grösste Unterschied war, dass plötzlich kein direkter Vergleich mehr da war. Vorher hatten wir so etwas wie einen sportlichen Wettkampf zwischen zwei Fussballmannschaften. Wer hat die Geschichte zuerst? Wer führt das bessere Interview? Dieser Konkurrenzdruck war von einem Tag auf den anderen weg.

Das bedeutete auch, dass viele Leser nicht mehr beide Seiten einer Geschichte vergleichen konnten. Manche haben das Volksblatt, andere das Vaterland gelesen – oft beide, um sich ein umfassendes Bild zu machen. Besonders in der Politik hat man gemerkt, dass dieser Vergleich vielen fehlt.

Landesspiegel: In den letzten Jahren hat sich die Medienlandschaft stark verändert. Was waren für dich die grössten Veränderungen?

Patrik Schädler: Es ist ein kontinuierlicher Prozess. Organisatorisch haben wir einige Umstellungen gemacht, aber der grösste technische Sprung kam in den letzten Jahren mit der Künstlichen Intelligenz.

KI hat uns zu Beispiel bei den Transkriptionen von Interviews geholfen. Diese Arbeit ist mit KI deutlich effizienter geworden. Früher brauchte man für ein grosses Interview einen halben Tag für die Transkription. Heute geht das in der halben Zeit – und die Tools werden stetig besser.

Ein weiterer grosser Wandel war die Bedeutung von Video und Social Media. Heute erwarten viele Nutzer, dass Inhalte nicht nur in Textform, sondern auch als Video aufbereitet werden. Das ist ein zusätzlicher Aufwand, aber auch eine Notwendigkeit.

Allerdings ist Video-Content eine Investition. Die Einnahmen durch Werbekunden sind oft gering, der Aufwand jedoch gross. Kleinere Redaktionen stossen da schnell an ihre Grenzen.

Landesspiegel: Ein weiterer aktueller Trend sind partei- oder unternehmenseigene Medienkanäle. Siehst du darin eine Bedrohung für klassische Medien?

Patrik Schädler: Aktuell nicht. Der entscheidende Punkt ist die Reichweite. Diese Kanäle haben oft noch nicht die Masse an Lesern, die klassische Medien erreichen.

Natürlich kann sich das ändern. Beispiele aus Österreich zeigen, dass Parteien mit ausreichend Geld eigene Medienkanäle erfolgreich aufbauen können. Aber das erfordert viel Zeit und Ressourcen.

Landesspiegel: Wie siehst du die Zukunft des Journalismus – besonders des Lokaljournalismus?

Patrik Schädler: Ich glaube, lokale Medien werden immer eine Rolle spielen – egal auf welchem Kanal. Denn wenn wir nicht über Liechtenstein berichten, wird es sonst niemand tun. Für internationale Medien sind wir schlicht zu klein – sowohl als Lesermarkt als auch für Werbeeinnahmen.

Landesspiegel: Eine abschliessende Frage zu deiner Zukunft: Was wirst du am meisten vermissen, wenn du das Medienhaus verlässt?

Patrik Schädler: Ganz klar mein Team. Ich bin überzeugt, dass wir aktuell eine Redaktion haben, die sowohl menschlich als auch handwerklich auf höchstem Niveau arbeitet.

Ob ich auch die Geschwindigkeit und die Nähe zu den Informationen vermissen werden, wird sich zeigen, wenn ich sie nicht mehr habe.

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