Die geplante Justizreform, die diese Woche im Landtag diskutiert wird, stösst auf Widerstand bei der Rechtsanwaltskammer. Dr. Manuel Walser, Vizepräsident der Kammer, hebt hervor, dass es nicht um finanzielle Interessen der Anwälte gehe. Vielmehr sei die Absicht, die höchste Rechtsmittelinstanz abzuschaffen, bedenklich und für den Finanz- und Wirtschaftsstandort gefährlich.
„Höchstens 10% der Verfahrenskosten fallen beim Obersten Gerichtshof an. Zudem ist das Verfahren dort schnell und effizient. Es geht hierbei um wesentlich mehr als nur Kosten“, erklärt Walser. 127 Fälle landeten 2023 vor dem Obersten Gerichtshof. „Bei 316 Anwälten in Liechtenstein hat ein einzelner Anwalt durchschnittlich alle zwei Jahre einen Fall vor dem Obersten Gerichtshof. Anwälte verdienen nicht primär durch Rechtsmittel, sondern durch Beratung“, fügt er hinzu.
Die Dringlichkeit, drei Instanzen zu erhalten, sieht er nicht nur, weil Liechtenstein andernfalls den europäischen Standard ohne Not unterschreiten würde, sondern auch, weil es in Liechtenstein nicht nur vom Ausland übernommene Gesetze gibt. Beispielsweise nennt er das Stiftungsrecht als Liechtensteinische Schöpfung. Es geht um eigenständige Rechtsfortbildung und die Klärung von offenen Fragen. „Die Bürger und Kunden müssen wissen, was rechtlich gilt.“ Walser verweist auf Island, wo nach Empfehlung der GRECO eine dritte Instanz eingeführt wurde. „Wird eine Entscheidung erfolgreich angefochten und eine Verfahrensergänzung notwendig, wird der Fall von der einzigen Rechtsmittelinstanz wieder an die erste Instanz zurückverwiesen, weil die Parteien andernfalls keine Möglichkeit mehr hätten, den neuen Entscheid anzufechten. Gerade das Landgericht ist mit seinen hohen Fallzahlen aber das Nadelöhr, wo Verfahren durchaus zwei bis fünf Jahre dauern können. Der Vorschlag der Regierung würde daher zu einer erheblichen Verlängerung der Verfahren und damit zu höheren Kosten führen“, so Walser.
Zur Frage nach nebenamtlichen Richtern spricht sich Walser klar aus: „Nebenamtliche Richter sind unerlässlich. Wir benötigen das Fachwissen ausländischer Richter. Anwälte als Richter vor Ort sind zwar nicht ideal, doch bisher hat das gut funktioniert.“ Die Rechtsanwaltskammer stelle sich aber nicht dagegen, wenn keine in Liechtenstein tätigen Anwälte mehr gleichzeitig nebenamtlich bei Gericht tätig sein sollen, um jeden Eindruck eines Interessenskonflikts zu vermeiden.
Es liege an der Justizministerin. „Wir sind bereit, konstruktiv mitzuarbeiten“.
Auf die Frage, ob die Rechtsanwaltskammer notfalls ein Referendum ergreifen würde, zeigt sich Walser zuversichtlich, dass dies nicht notwendig sein wird. „Wir hoffen auf einen Kompromiss.“ Sollte der Landtag die Dreistufigkeit der Gerichtsbarkeit opfern wollen, würde die Rechtsanwaltskammer alles unternehmen, um dies zu verhindern.