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Fehlende Antworten zu fairen Löhnen

Das erste Arbeitsjahr dieser Legislatur geht zu Ende. In dieser kurzen Zeit ist das Leben in Liechtenstein für viele deutlich teurer geworden. Mieten steigen, Krankenkassenprämien belasten die Haushalte, und selbst der Wocheneinkauf kostet spürbar mehr. Wer arbeitet, sollte sich in einem reichen Land darauf verlassen können, dass der Lohn den Alltag trägt. Doch immer mehr Menschen erleben das Gegenteil – und die Politik lässt zentrale Fragen offen.

Bereits im Oktober 2023 haben wir mit einer Interpellation zur Lohngerechtigkeit versucht, Klarheit zu schaffen. Wir wollten wissen, wie gross die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern tatsächlich sind und wie viel davon auf strukturelle Ungleichbehandlung zurückgeht. Zudem wollten wir transparent definieren, nach welchen Kriterien ein Einkommen als existenzsichernd gilt. Die Antwort der Regierung im Sommer 2024 bestätigte zwar Unterschiede und Problemfelder, blieb aber genau dort unkonkret, wo es für die Betroffenen wichtig wäre.

Im November 2024 reichten wir deshalb einen Nachtrag ein, mit dem Ziel, die offenen Punkte zu klären und eine verlässliche Grundlage für die Debatte über faire Löhne zu schaffen. Wir verlangten nachvollziehbare Daten, klare Berechnungsgrundlagen und ein realistisches Bild der Situation der arbeitenden Bevölkerung. Bis heute gibt es keine Antwort, obwohl die gesetzliche Frist längst abgelaufen ist.

Dieses Ausbleiben ist mehr als ein administratives Versäumnis. Es zeigt, dass zentrale Fragen zu Löhnen, Lebenshaltungskosten und Gleichstellung politisch offenbar keine Priorität haben. Damit wird nicht nur die parlamentarische Weiterarbeit erschwert. Es bleiben auch jene Probleme ungelöst, die viele Menschen im Alltag spüren.

Gerade in Branchen mit niedrigeren Löhnen – etwa in der Pflege, im Verkauf, in der Betreuung, in der Gastronomie oder im Dienstleistungssektor – wird der Druck besonders deutlich. Diese Menschen halten das Land am Laufen, doch ihre Einkommen reichen kaum noch aus, um den steigenden Kosten standzuhalten. Dass die Regierung weiterhin offen lässt, was ein fairer Lohn in Liechtenstein überhaupt bedeutet, ist schwer nachvollziehbar. Wer keine klare Position bezieht, stärkt den bestehenden Zustand und benachteiligt jene, die sich keine Unsicherheit leisten können.

Nach dem ersten Jahr Regierungsarbeit sollte klar sein, welche Themen Priorität haben. Die Frage, ob Menschen von ihrer Arbeit leben können, gehört unbestritten dazu. Wir erwarten deshalb, dass der Nachtrag zur Interpellation ohne weiteren Verzug vollständig und transparent beantwortet wird.

Tatjana As’Ad, Freie Liste

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