Startseite InlandGericht Obergericht stellt Diskriminierungsschutz vor Meinungsfreiheit

Obergericht stellt Diskriminierungsschutz vor Meinungsfreiheit

Das Fürstliche Obergericht wies heute die Berufung eines Triessenbergers ab, der im Januar vom Landgericht wegen Diskriminierung verurteilt worden war. Der Mann hatte auf seinem öffentlichen Facebook-Profil zwei Posts veröffentlicht, die das Landgericht als herabwürdigend eingestuft hatte.

Der erste Post zeigte eine Skeletor-Figur, die eine Regenbogenflagge mit Fäkalien beschmutzt. Im zweiten Post würdigte er Kommunismus-Anhänger herab. Das Landgericht verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 9’800 Franken, welche bei einer Probezeit von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Verteidiger beruft sich auf Meinungsfreiheit

Der Verteidiger machte formelle und materielle Nichtigkeitsgründe geltend. Sein Mandant habe niemals beabsichtigt, Personen oder Personengruppen herabzusetzen oder zu diffamieren. Es sei ihm um gesellschaftlichen Diskurs gegangen. Er sehe die Instrumentalisierung der Regenbogenflagge kritisch.

Die Regenbogenfahne sei kein geschütztes Symbol, argumentierte die Verteidigung. Das Strafrecht dürfe nur das letzte Mittel sein. Man dürfe nicht zur Regel werden lassen, mit dieser Keule gegen Meinungsäusserungen vorzugehen. Meinungsäusserungen müssten auch Überspitzungen und provokative Äusserungen zulassen. Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention schütze die Meinungsfreiheit besonders stark.

Die Strafe sei zudem zu hoch. Der Angeklagte führe einen ordentlichen Lebenswandel und sei unbescholten.

Staatsanwaltschaft sieht Hass und Hetze

Der Staatsanwalt sah das anders. Hass und Hetze suchten sich immer neue Formen, insbesondere im Internet. Sich auf Satire zu berufen funktioniere nicht.

Obergericht bestätigt erstinstanzliches Urteil

Nach kurzer Beratung wies der Senat die Berufung ab. Der Vorsitzende stellte keine Mängel an der Beweiswürdigung des Landgerichts fest.

Für den Vorsatz genüge bereits bedingter Vorsatz. Das bedeutet: Wenn sich der Angeklagte ernsthaft für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, dass jemand diskriminiert wird. Dies sei vorliegend sicher der Fall gewesen. Aus den Kommentaren lasse sich sogar tatsächlicher Vorsatz ableiten. An den rechtlichen Beurteilungen des Landgerichts bestehe daher kein Zweifel.

Dem Angeklagten stehe es frei, Wokeness oder Kommunismus zu kritisieren, doch gebe es dafür Grenzen. Diese seien jedenfalls überschritten worden. Die beiden Posts seien geeignet, Menschen zu diffamieren, die sich zu diesen Gruppen zugehörig fühlen.

Derartige Posts seien nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Der Gesetzgeber habe dies bewusst so im Zuge der Strafgesetzrevision bedacht, um der Hassrede einen Riegel vorzuschieben. Auch die Strafhöhe sah das Obergericht als angemessen an.

Individualbeschwerde noch möglich

Gegen das Urteil ist kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig. Es besteht jedoch die Möglichkeit einer Individualbeschwerde an den Staatsgerichtshof. Dies insbesondere deshalb, weil es hier um eine Grundrechtsabwägung zwischen Diskriminierungsschutz und Meinungsfreiheit gehe, erklärte der Vorsitzende.

werbung_3
1