Vor dem Fürstlichen Landgericht musste sich heute ein 33-jähriger Somalier wegen versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung verantworten. Der Vorfall ereignete sich im April in der Nähe der Unterkunft in Eschen, in der der Angeklagte und das Opfer lebten. Der Angeklagte hatte viel Bier getrunken und auch Drogen konsumiert. Danach eskalierte ein Streit mit seinem Zimmernachbarn. Laut Anklage griff der Somalier den Mann mit einem Rüstmesser an und verletzte ihn an Kopf und Wange.
Der Beschuldigte schilderte den Ablauf anders: Es habe gegenseitige Beleidigungen gegeben. Beide hätten Messer mitgeführt. Das Opfer habe vorgeschlagen, den Streit mit Fäusten auszutragen. Doch auf dem Heimweg habe ihn der Mitbewohner erneut provoziert. «Ich war wütend und sagte: ‚Sei still!‘ Dann habe ich ihn mit dem Messer getroffen», erklärte der Angeklagte. Von hinten habe er eine Bewegung nach vorne gemacht und den Mitbewohner an der Wange getroffen.
Die Verteidigerin bestritt die Absicht. «Es war keine gezielte Attacke», betonte sie. Das Opfer sei nicht vor Gericht erschienen. Eine Vertagung lehnte das Gericht ab, da von dem Zeugen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten seien.
Die Staatsanwältin forderte einen Schuldspruch. «Selbst wenn das Opfer ein Messer gehabt hätte, bestand keine Notwehrsituation», stellte sie klar.
Der Angeklagte zeigte sich reuig: «Ich habe viele Fehler gemacht, aber nie mit Absicht. Ich will mein Leben in den Griff bekommen. Ich verspreche, keinen Alkohol mehr zu trinken. Ich möchte zehn Jahre lang Antabus nehmen.»
Das Kriminalgericht sah es nach kurzer Beratung als erwiesen an: Der Mann wollte seinem Mitbewohner im Streit mit einem Messer gezielt Schaden zufügen. Das Urteil: 36 Monate Haft und 1’000 Franken Busse wegen zusätzlicher Drogendelikte. Aufgrund der zahlreichen einschlägigen Vorstrafen wäre ein Strafrahmen von bis zu 15 Jahren möglich gewesen.
Die Richter sahen hingegen klare Anzeichen für eine gezielte Tat. Die Wunde sei zwar nicht besonders schwer gewesen, doch das Verhalten des Mannes zeige, dass er das Opfer bewusst verletzen wollte. Die Tat wurde daher als versuchte absichtliche schwere Körperverletzung gewertet. Eine Unterbringung in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher kam nicht in Betracht, da die Freiheitsstrafe über zwei Jahre betrug.
Die Verteidigung kündigte umgehend Berufung an. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig und es gilt die Unschuldsvermutung.
