Am 19. Juni tritt die Schweizerische Nationalbank (SNB) zu ihrer vierteljährlichen geldpolitischen Lagebeurteilung zusammen. Experten gehen überwiegend davon aus, dass der Leitzins um 25 Basispunkte von derzeit 0,25 Prozent auf 0,00 Prozent gesenkt wird. Einige Marktteilnehmer halten sogar eine stärkere Senkung um 50 Basispunkte nicht für ausgeschlossen.
Die Prognosen stützen sich auf mehrere wirtschaftliche Entwicklungen. Seit der letzten Sitzung im März hat sich die Inflation deutlich abgeschwächt. Im Mai fiel die Jahresteuerung auf –0,1 Prozent, womit sie erstmals seit längerer Zeit unter die Zielspanne der SNB von 0 bis 2 Prozent gerutscht ist. Auch die Kerninflation sowie andere Messgrössen wie die Dienstleistungen, die inländische Preisentwicklung und die Teuerung ohne Mieten zeigten einen rückläufigen Trend. Das Inflationsbild ist damit deutlich schwächer als noch im ersten Quartal.
Ein weiterer Faktor ist die Aufwertung des Frankens, der seit März auf handelsgewichteter Basis um mehr als drei Prozent zugelegt hat. Dies dämpft die Importpreise zusätzlich und erschwert es der SNB, Preisstabilität im oberen Bereich ihres Zielkorridors zu gewährleisten. Die Nachfrage nach Schweizer Vermögenswerten bleibt hoch, was den Franken weiter stützt.
Obwohl SNB-Vizepräsident Martin Schlegel in der Vergangenheit immer betonte, dass die Notenbank sich nicht von einzelnen Inflationsdaten leiten lasse, wird erwartet, dass sie die insgesamt schwache Teuerungsdynamik ernst nimmt. Marktteilnehmer preisen aktuell eine Zinssenkung von rund 30 Basispunkten ein und rechnen mit insgesamt 45 Basispunkten an Lockerung bis Ende 2025.
Die grosse Frage bleibt, ob die SNB bereit ist, in den negativen Zinsbereich zurückzukehren. Einige Analysten sehen diese Option durchaus auf dem Tisch, sollten die Teuerungsraten weiter sinken oder sich eine längerfristige Phase schwacher Inflation abzeichnen. Gleichzeitig bleibt unklar, ob und wie die SNB gegebenenfalls am Devisenmarkt intervenieren würde, um einer weiteren Franken-Aufwertung entgegenzuwirken.
Im Vorfeld deutet vieles auf eine moderate Zinssenkung am 19. Juni hin. Entscheidend wird sein, wie die SNB die aktuellen Inflationsdaten, die Frankenstärke und die internationalen Risiken in ihrem Ausblick bewertet. Anleger und Ökonomen werden daher nicht nur auf die Entscheidung selbst, sondern auch auf die begleitenden Aussagen zur künftigen Geldpolitik genau achten.