Der Landtag hat in seiner ersten Sitzung die parlamentarische Initiative zur Neuregelung des Verhältnisses zwischen Staat und Religionsgemeinschaften nach kontroverser Debatte mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Die Initiative der Freien Liste, zielte darauf ab, die Sonderstellung der römisch-katholischen Kirche als Landeskirche zu beenden und ein neues, gleichberechtigtes Finanzierungssystem für alle Religionsgemeinschaften einzuführen. Im Zentrum stand dabei die Einführung einer sogenannten Mandatssteuer, bei der Steuerpflichtige selbst entscheiden könnten, ob und welche Religionsgemeinschaft sie finanziell unterstützen möchten.
Bereits zu Beginn stellte die Regierung klar, dass die Initiative nach eingehender Prüfung mit der Verfassung und den bestehenden Staatsverträgen vereinbar sei. „Die Regierung ist in der Vorprüfung dieser parlamentarischen Initiative zum Schluss gekommen, dass diese im Vergleich zur Initiative vom April 24 leicht abgeänderte Initiative mit der Verfassung und den bestehenden Staatsverträgen übereinstimmt“, bestätigte Regierungschefin Brigitte Haas, betonte jedoch zugleich die inhaltliche Ablehnung der Regierung. Insbesondere die fehlende Klärung der vermögensrechtlichen Entflechtung zwischen Kirche und Gemeinden sowie der geplante finanzielle Druck auf die katholische Kirche wurden kritisiert.

Für die Initiantinnen war die Bestätigung der Verfassungskonformität ein wichtiger Schritt. „Unsere Initiative zielt darauf ab, das Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften auf eine moderne, faire und verfassungskonforme Grundlage zu stellen“, erklärte Manuela Haldener-Schierscher (Freie Liste). Sie verwies auf internationale Menschenrechtsstandards und betonte: „Das derzeitige Staatskirchenrecht, das allein der römisch-katholischen Kirche den Status einer Landeskirche zuspricht, ist nicht mehr zeitgemäss“. Haldener-Schierscher hob zudem hervor, dass die Mandatssteuer für mehr Transparenz und Gerechtigkeit sorgen und die negative Religionsfreiheit stärken würde. Auch ein verpflichtendes Schutzkonzept gegen Missbrauch und Radikalisierung für alle Religionsgemeinschaften sei ein zentrales Anliegen.
Deutlich ablehnend äusserten sich hingegen die Abgeordnete der anderen Fraktionen. Tanja Cissé (VU) erklärte: „Ich unterstütze das Prinzip der Gleichberechtigung aller Religionsgemeinschaften, bin mir aber nicht sicher, ob der Weg der Freien Liste der richtige ist.“ Sie verwies auf Artikel 38 der Verfassung, der das Eigentum der religiösen Körperschaften gewährleiste und Änderungen nur im Einvernehmen mit der Kirche zulasse.
Auch Thomas Rehak (DpL) kritisierte die Initiative und sieht sie ideologisch motiviert. „Wenn man nur von der Finanzierung sprechen würde, dann müsste man die Verfassung nicht dermassen anpassen“, erklärte er.
Daniel Seger (FBP) ist es ein Anliegen, dass die römisch-katholische Kirche ihren Status beibehält und wenn dies geändert werden soll, dann nur im Einvernehmen. In seinem Votum sagte er: „Die römisch-katholische Kirche würde mit dieser Vorlage ihre Sonderstellung verlieren. Liechtenstein ist ein christlich geprägtes Land und die römisch-katholische Kirche ist unsere Landeskirche und geniesst als solche den vollen Schutz des Staates und der Verfassung.“
Die Debatte zeigte, dass die Meinungen über die Zukunft des Verhältnisses zwischen Staat und Religionsgemeinschaften weit auseinandergehen. Während die Freie Liste auf eine konsequente Gleichstellung und Trennung von Kirche und Staat drängte, plädierten die anderen Fraktionen für einen vorsichtigen Reformkurs und die Wahrung der Tradition. Am Ende stimmten von 25 anwesenden Abgeordneten nur die beiden FL-Abgeordneten für die Initiative, 23 lehnten sie ab. Damit bleibt die Sonderstellung der römisch-katholischen Kirche vorerst bestehen. Die Regierung kündigte an, das Thema im Rahmen der weiteren Gesetzgebungsarbeiten erneut aufzugreifen.