Startseite Ausland Fünf Jahre Brexit: Unternehmen zwischen Anpassung und Herausforderung

Fünf Jahre Brexit: Unternehmen zwischen Anpassung und Herausforderung

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Heute vor fünf Jahren verliess das Vereinigte Königreich die Europäische Union. Während die grosse Brexit-Debatte in den Medien abgeebbt ist, bleibt das Thema für viele Briten nach wie vor ein prägendes Ereignis. Doch kaum jemand im Königreich sieht den Austritt als uneingeschränkten Erfolg – wenn auch aus sehr unterschiedlichen Gründen.

Eines der zentralen Versprechen der Brexit-Befürworter war die Kontrolle über die britischen Fischereigewässer. Europäische Fischer dürfen in unseren Gewässern weiterhin fangen und verkaufen ihre Ware in Europa. Wir hingegen kämpfen ums Überleben. Die Fischereiindustrie sieht sich mit zahlreichen neuen Bürokratiehürden konfrontiert, und viele kleine Betriebe stehen vor dem Aus.

Auch die Migration hat sich anders entwickelt als angekündigt. Zu EU-Zeiten kamen netto etwa 150.000 bis 200.000 Zuwanderer pro Jahr. Heute sind es rund 600.000, allerdings nicht mehr aus der EU, sondern aus Indien, Nigeria und anderen Commonwealth-Staaten. Diese Art der Migration bringe jedoch neue Herausforderungen mit sich, da viele Migranten ihre Familien mitbringen und die Beschäftigungsquote niedriger sei als zuvor.

Besonders die Gastronomie leidet unter dem Mangel an europäischen Arbeitskräften. Früher war die Gastronomie in London fest in europäischer Hand. Heute fehlen die Arbeitskräfte, weil Kellner oder Köche aus der EU kaum noch eine Chance auf ein Arbeitsvisum haben. Zusätzlich erschweren aufwendige Zollbestimmungen den Import von Waren.

Rund 300 österreichische Unternehmen sind derzeit in Grossbritannien vertreten. Laut dem österreichischen Wirtschaftsdelegierten haben sich viele mit der neuen Situation arrangiert, doch während grosse Firmen die Ressourcen zur Bewältigung der Bürokratie haben, stehen kleine Betriebe vor enormen Schwierigkeiten. Dennoch hat es bislang kaum Abwanderungen gegeben, und das Handelsvolumen mit Österreich ist sogar gewachsen.

Der Londoner Finanzsektor hat den Brexit besser überstanden als prognostiziert. Obwohl einige Geschäftsbereiche abgewandert sind, bleibt die britische Hauptstadt Europas wichtigster Finanzplatz. Weder Frankfurt noch Paris oder Amsterdam konnten London in dieser Hinsicht ablösen.

Politische Perspektiven und wirtschaftliche Auswirkungen

Die Hoffnung vieler Briten ruht nun auf einer verbesserten Anbindung an die EU unter der neuen Labour-Regierung. Premierminister Keir Starmer bleibt jedoch zurückhaltend: Eine Rückkehr in den Binnenmarkt oder die Zollunion gilt als ausgeschlossen. Allerdings will er die Handelsbeziehungen und die Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung verbessern.

Die wirtschaftlichen Folgen des Brexit sind schwer zu beziffern. Studien gehen von einem langfristigen Verlust von 3 bis 4 Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Die erhofften neuen Freihandelsabkommen blieben weitgehend aus. Bisher existieren lediglich Verträge mit Australien und Neuseeland, die jedoch nur minimale Vorteile bringen. Ein angestrebtes Abkommen mit den USA ist unter Präsident Donald Trump weiterhin fraglich.

Ein Land bleibt gespalten

Die Meinungen in Grossbritannien sind auch fünf Jahre nach dem Austritt gespalten. Ein Teil der Bevölkerung hält am Brexit fest: „Grossbritannien hatte eine schlechte Position in der EU und musste zu viel zahlen.“ Andere sehen die Entscheidung als grosse Fehlentwicklung: „Der Brexit war das Schlimmste, was wir je getan haben.“

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