Der ehemalige CEO und Chairman von Nestlé, Peter Brabeck-Letmathe, sprach kürzlich auf Einladung des Hayek-Instituts über die Herausforderungen des Kapitalismus und die Rolle der Unternehmen in einer polarisierten Welt. Mit seiner umfassenden Erfahrung aus 50 Jahren in der Wirtschaft – davon 25 Jahre an der Spitze des weltgrössten Nahrungsmittelkonzerns – bot Brabeck-Letmathe Einblicke in zentrale Fragen der Globalisierung und des sozialen Engagements von Unternehmen.
Kapitalismus und die Rolle des Menschen
Im Mittelpunkt seines Vortrags stand die Frage nach der Zukunft des Kapitalismus. Brabeck-Letmathe erinnerte an die fundamentalen Prinzipien dieses Wirtschaftssystems – private Eigentumsrechte, Wettbewerb und Kapitalakkumulation – und betonte gleichzeitig, dass jede Form von Kapitalismus ein gewisses Mass an Regulierung benötige. „Die Art und das Ausmass der Regulierung bestimmen letztlich die Natur des Kapitalismus“, sagte er.
Er berichtete auch von seiner Teilnahme an einer Diskussion im Vatikan, wo er gemeinsam mit führenden Ökonomen und Vertretern der Kirche über die moralischen Grundlagen des Kapitalismus debattierte. Der Papst, so Brabeck-Letmathe, habe den Begriff des „inklusiven Kapitalismus“ geprägt, bei dem der Mensch statt des Profits im Zentrum stehe.
Von der sozialen Verantwortung zur Schaffung gemeinsamer Werte
Brabeck-Letmathe kritisierte die traditionelle Vorstellung von Corporate Social Responsibility (CSR), die er als blosses „Zurückgeben“ an die Gesellschaft bezeichnete. Stattdessen plädierte er für den Ansatz der „Schaffung gemeinsamer Werte“ (Creating Shared Value). „Wir müssen bei jeder unternehmerischen Entscheidung sowohl den Nutzen für die Gesellschaft als auch den für die Aktionäre berücksichtigen“, erklärte er.
Er führte Beispiele aus seiner Zeit bei Nestlé an: Investitionen in ländliche Regionen, die nicht nur Arbeitsplätze schaffen, sondern auch die lokale Infrastruktur verbessern und die landwirtschaftliche Produktivität fördern. „Dieser Ansatz schafft mehr Wert für die Gesellschaft, als es jede nachträgliche Wiedergutmachung könnte“, so Brabeck-Letmathe.
Globalisierung und Polarisierung
Ein weiteres Thema war die aktuelle Entwicklung hin zur „De-Globalisierung“. Brabeck-Letmathe zeigte sich besorgt über die wachsenden Spannungen zwischen wirtschaftlichen Blöcken und die zunehmende Machtkonzentration in den Händen weniger Akteure. „Kapitalismus ist der grösste Wertschöpfer, den die Menschheit je erfunden hat. Aber er muss mit Bedacht gelenkt werden, um soziale Instabilität, Korruption und Ungleichheit zu vermeiden“, warnte er.
Offene Diskussion mit dem Publikum
Der Vortrag endete mit einer offenen Fragerunde, bei der die Zuhörer die Gelegenheit nutzten, Themen wie die zukünftige Rolle von Innovation, die Verantwortung multinationaler Konzerne und die Auswirkungen der Digitalisierung auf die globale Wirtschaft zu diskutieren.
Brabeck-Letmathe zeigte sich beeindruckt vom hohen Niveau der Fragen und betonte, dass er die Diskussion als bereichernd empfinde: „Es ist wichtig, dass wir uns diesen Themen gemeinsam stellen, um eine bessere Zukunft für kommende Generationen zu schaffen.“
Mit seinen klaren Worten und pragmatischen Lösungsansätzen hinterliess Brabeck-Letmathe einen bleibenden Eindruck und bot Denkanstösse für eine Welt im Wandel.