Das Fürstliche Landgericht verhandelte heute einen Streit zwischen zwei türkischstämmige Frauen, der sich im Januar in Nendeln ereignet hat. Auch im Gerichtssaal setzten die Kontrahentinnen ihre Feindseligkeiten fort.
Laut Anklage soll die Erstangeklagte nach einem verbalen Streit ein Teelichtglas in Richtung der Zweitangeklagten geworfen haben, als diese in ihre Wohnung zurückgegangen sei. Die Zweitangeklagte soll daraufhin einen Blumentopf in Richtung der Erstangeklagten geschleudert haben. Hintergrund soll ein Beziehungsstreit gewesen sein, bei dem bereits zuvor Gerichte eingeschaltet waren.
Der Staatsanwalt erklärte in seinem Eröffnungsplädoyer, dass ein aussergerichtlicher Tatausgleich gescheitert war. Keine der beiden Frauen zeigte sich kompromissbereit.
Die Erstangeklagte erklärte in der Verhandlung, das Teelicht sei kaum etwas wert und nicht beschädigt worden. Sie habe nicht versucht, ihre Nachbarin zu verletzen. Zudem habe die Zweitangeklagte sie bedroht und beleidigt. Die Zweitangeklagte sagte, sie habe nur in Notwehr gehandelt und ihre Tochter schützen wollen.
Gegenseitige Schuldzuweisungen
Die Erstangeklagte spielte den Vorfall herunter. Das Teelicht sei höchstens zwei Franken wert gewesen und nicht einmal kaputt gegangen. Sie habe die Nachbarin nicht verletzen wollen. Die Zweitangeklagte konterte knapp: «Es ist passiert, was passiert ist.» Sie bezeichnete ihre Kontrahentin als psychisch krank und behauptete, nur in Notwehr gehandelt zu haben.
Die Erstangeklagte widersprach heftig. Sie wisse nicht genau, was zuerst geflogen sei – Teelicht oder Blumentopf. Die Nachbarin habe sie vor der eigenen Haustür beleidigt und bedroht. Sie habe mit einem Handyvideo gedroht und angekündigt, dieses in ganz Liechtenstein zu verbreiten.
Erregt rief die Frau: «Ich schmeisse ihr die 100 Franken für das Teelicht ins Gesicht!» Sie behauptete, nichts sei passiert und sie habe nicht treffen wollen. Der Streit drehe sich um einen Mann: «Wenn ihr Mann sie verlassen hat und er sich halt in mich verliebt hat, da kann ich nichts machen.«
Verhandlung wird turbulent
Die Zweitangeklagte blieb zunächst bei ihrer Darstellung. Sie sei nicht schuldig, habe sich nur verteidigt und ihre Tochter schützen wollen. Die Erstangeklagte habe zuerst geworfen. Sie habe dann die Polizei gerufen und sei auf die Terrasse zum Rauchen gegangen.
An diesem Punkt eskalierte die Situation im Gerichtssaal. Die Erstangeklagte sprang auf und erklärte: «Ich will jetzt nach Hause gehen» und verliess den Saal.
Der Richter unterbrach die Verhandlung. Er erörterte mit der Zweitangeklagten erneut eine aussergerichtliche Lösung. Eine Diversion würde bedeuten, dass sie keinen Strafregistereintrag erhielte.
Diversion für eine, Verurteilung für die andere
Nach der Rückkehr der Erstangeklagten stimmte die Zweitangeklagte einer Diversion zu. Die Staatsanwaltschaft war mit einem Geldbetrag von 500 Franken plus 200 Franken Pauschalkosten einverstanden. Das Verfahren gegen die Zweitangeklagte wurde daraufhin ausgeschieden.
Die Erstangeklagte beantragte weiterhin einen Freispruch. Sie sei bedroht worden, argumentierte sie. Der Richter zeigte sich unbeeindruckt. Er verurteilte sie wegen versuchter Körperverletzung und Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 20 Franken – insgesamt 2400 Franken. Die Hälfte der Strafe setzte das Gericht zur Bewährung aus. Die Frau muss somit 1200 Franken zahlen. Der Richter begründete das Urteil mit drei Handyvideos, die den Sachverhalt klar belegten. Eine Notwehr liege nicht vor, der Vorwurf sei erwiesen.
Aufgrund einer einschlägigen Vorstrafe der Erstangeklagten konnte die Strafe nicht vollständig zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Verurteilte meldete umgehend Berufung an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
