Die Debatte über die Zukunft von Radio Liechtenstein spitzt sich zu. Gestern diskutierte der Landtag über die Privatisierungsinitiative der DpL. Befürchtungen, dass eine Privatisierung das Ende von Radio L bedeuten könnte, stehen im Raum.
Jürg Bachmann, Verwaltungsratspräsident des Senders und ein langjähriger Kenner der Radiowelt, stellt sich klar gegen diesen Vorschlag. Im Interview mit dem Landesspiegel spricht er über die Herausforderungen eines kleinen Marktes und warum Radio L ohne öffentliche Gelder nicht überleben könnte.
Positives Feedback zum neuen Konzept
Radio L hat vor rund einem Monat sein neues Konzept vorgestellt. Auf die Frage nach dem bisherigen Feedback erklärt Bachmann, dass es noch zu früh sei, um eine umfassende Bewertung vorzunehmen. Jedoch ist er von der positiven Energie des Teams überzeugt: „Man hört, dass das Team Plausch hat, Radio zu machen.“ Auch von aussen habe es bereits viel positive Rückmeldungen gegeben, was Bachmann als guten Start betrachtet.
Debatte über Privatisierung
Ein zentrales Thema der aktuellen politischen Debatte in Liechtenstein ist die Privatisierungsinitiative, die auch Radio L betrifft. Bachmann, der seit 40 Jahren in der Privatradiowelt tätig ist, sieht eine klare Problematik: „Die Basis jedes Privatradios ist das Geschäftsmodell.“ Dabei müsse das Radio genügend Einnahmen generieren, um die Kosten zu decken. In Liechtenstein ist aus seiner Sicht das kommerzielle Potenzial nicht ausreichend, um ein Privatradio aufrechtzuerhalten, das den umfassenden Erwartungen entspricht. Diese Erwartungen umfassen ein volles Programm mit Tagesaktualität aus und für Liechtenstein, was einen erheblichen Kostenblock bedeutet.
Darum sieht Bachmann den Staat in der Pflicht. Ein privates Radio ohne staatliche Unterstützung häte nicht genug finanzielle Mittel, um den Anspruch an ein umfassendes, tagesaktuelles Programm zu erfüllen.
Musiklizenzen und Urheberrechtsabgaben als Kostenfaktoren
Ein wesentlicher Kostenpunkt für Radio L sind die Musiklizenzen, die an die Schweizer Verwertungsgesellschaften Suisa und Swissperform abgeführt werden müssen. Bachmann stellt klar, dass die Höhe der Abgaben unabhängig von der Anzahl der Hörer ist und an den Einnahmen des Senders bemessen werden. Die genaue Höhe der Lizenzkosten für Radio L beliefen sich im Jahr 2023 auf knapp 300‘000 Franken pro Jahr.
UKW-Abschaltung in der Schweiz wird eine Herausforderung
Ein weiteres Thema, das die Zukunft von Radio L beschäftigt, ist die anstehende Abschaltung des UKW-Netzes in der Schweiz. Während die Schweiz plant, UKW bis Ende 2026 abzuschalten, hat Regierungschef-Stellvertreterin Sabine Monauni angekündigt, weiterhin auf diese Technologie setzen zu wollen.
Für Verwaltungsratspräsident Bachmann ist UKW wichtig, nicht nur für den Radio-Alltag, sondern auch für die Versorgung mit Informationen in Notfällen. Er verweist darauf, dass es in Deutschland, Österreich und Italien keine Pläne für eine Abschaltung der UKW-Netze gäbe
Für DAB+ ist Radio L derzeit ins Schweizer System eingebunden. Ein eigenes DAB+-Netz für Liechtenstein würde zusätzliche Kosten verursachen. Das wären einerseits die Errichtungskosten.
Die Betriebskosten zahlt andererseits das Radio. Ob die grösser oder tiefer sind als jetzt, hängt für ihn sehr stark vom Verbreitungsgebiet ab.
Radio L soll nach Auffassung von Bachmann eine Ausstrahlung haben, über die Grenzen hinaus geht. Man müsse das Sendegebiet noch optimal definieren.
„Liechtenstein hat 20’000 Pendlerinnen und Pendler. Sie haben ihren beruflichen Lebensmittelpunkt in Liechtenstein. Die möchten wir bedienen, bis sie zu Hause sind.“
Dafür brauche es mitunter auch Antennen im Ausland.
Öffentlich-rechtlicher Auftrag von Radio L
Ein öffentlich-rechtliches Radio wie Radio L hat laut Bachmann einen umfassenderen Auftrag als ein Privatsender. Es müsse sicherstellen, dass alle Standpunkte zu Wort kommen und eine unabhängige Berichterstattung gewährleistet sei. „Das Privatradio kann immer noch entscheiden, was man macht und was nicht. Ein öffentlich-rechtliches Radio hat jedoch den Auftrag, unabhängig und umfassend zu berichten“, erläutert Bachmann.
Zukunft mit Künstlicher Intelligenz?
Abschliessend äussert sich Bachmann zur Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) im Radio. Er sieht grosses Potenzial, insbesondere in der Automatisierung von Abläufen, bleibt jedoch zurückhaltend, wenn es um die vollständige Ersetzung menschlicher Moderatoren durch KI geht. „Am Schluss will der Radiohörer einem Menschen zuhören, nicht einer Maschine“, so Bachmann. KI könne in bestimmten Bereichen unterstützend eingesetzt werden, aber in einem kleinen Markt wie Liechtenstein sei die persönliche Verbindung zwischen Moderatoren und Hörern von entscheidender Bedeutung.
Das Interview mit Jürg Bachmann verdeutlicht die komplexen Herausforderungen, vor denen Radio L steht. Die Zukunft des Senders erfordert eine klare strategische Ausrichtung sowie staatliche Unterstützung, um den öffentlich-rechtlichen Auftrag und die hohen Erwartungen der Hörer erfüllen zu können.