Im Rahmen der REDWEEK sprach Pater Hans-Joachim Lohre am Dienstag im Fürstentum über seine Zeit als Gefangener in der Sahelzone. Der Ordensmann der Weissen Väter lebte über 30 Jahre in Mali und geriet dort in die Hände von Tuareg-Milizen. Am 20. November 2023 verschwand Lohre auf dem Weg zu einer Messfeier. Drei Männer in Militäruniformen stoppten ihn. Das Auto fand man verlassen vor. Seine Kreuzhalskette lag auf dem Boden.
Der 1957 in Frankfurt geborene Priester hatte Mali erstmals 1981 besucht. Anfang der 1990er Jahre kehrte er dorthin zurück. Er arbeitete als Hochschulseelsorger und Dozent an der katholischen Universität Westafrikas. Zudem engagierte er sich im christlich-islamischen Zentrum für den Dialog zwischen Christen und Muslimen.
Mali zählt 24 Millionen Einwohner. 80 Prozent sind Muslime, nur 2 bis 3 Prozent Christen. Seit 2012 kämpfen dschihadistische Gruppen gegen den Staat. Sie fordern die Einführung der Scharia.
Lohre blieb trotz der Gefahr. Er unterrichtete an der Hochschule und pflegte den Austausch mit Muslimen. Die Möglichkeit einer Entführung bestand immer. Als es passierte, reagierte er ruhig.
Die Entführer brachten ihn zunächst drei Stunden auf der Teerstrasse, dann weiter in den Busch. Ein Dschihadist sagte ihm: «Wir sind die Guten. Wir werden dich gut behandeln.» ohre verbrachte die ersten Tage in einem provisorischen Lager. Die Wächter waren Jugendliche zwischen 16 und 22 Jahren. Sie beteten fünfmal täglich, lasen den Koran und diskutierten mit ihm über Religion.
Der Priester entwickelte einen Tagesablauf. Jeden Morgen feierte er in Gedanken die Messe. Er verwendete das Brot, das die Dschihadisten backten. Täglich betete er vier bis fünf Stunden. Er meditierte über das Markus-Evangelium, das er fast auswendig kannte.
Die Dschihadisten behandelten ihn respektvoll. Sie wuschen seine Wäsche, besorgten ihm Früchte vom Markt, gaben ihm Decken gegen die Kälte. Als er betete, störten sie ihn nicht. Ende Dezember verlegten sie ihn in die Wüste. Dort errichteten sie ein Zelt aus Planen und Pfählen. Die Nächte waren eisig kalt. Ein Wächter tauschte dessen Jeansjacke gegen seinen eigenen Kaschmir-Mantel.
Am Heiligabend empfing Lohre über ein geliehenes Radio die Messe aus dem Vatikan. Er hörte das Evangelium und die Predigt von Papst Franziskus. Das bezeichnete er als unbeschreibliches Weihnachtsgeschenk. In Mali löste die Entführung eine Welle der Solidarität aus. Der Präsident des Hohen Islamrates rief zu einer Demonstration auf. Er forderte alle Muslime auf, in den Moscheen für Lohres Befreiung zu beten. Christen und Muslime fragten täglich nach Neuigkeiten. Am 26. November 2024 kam er schliesslich frei. Heute lebt er in Marseille. Dort widmet er sich dem interreligiösen Dialog und der Seelsorge.
Die REDWEEK findet vom 15. bis 23. November statt. Sie erinnert an verfolgte und bedrängte Christen weltweit. In Mali leben Christen in einer zunehmend unsicheren Lage. Seit 2012 haben dschihadistische Gruppen ihre Aktivitäten verstärkt.
