Im Rahmen des morgendlichen Journalisten-Briefings am Forum Alpbach referierte heute die österreichische Bundesministerin Karoline Edtstadler. Im Mittelpunkt ihrer Ausführungen standen die Themen EU-Erweiterung und die geopolitischen Herausforderungen, denen sich die Europäische Union derzeit gegenübersieht.
Ministerin Edtstadler betonte die zentrale Bedeutung der EU-Erweiterung für die Zukunft Europas. Sie stellte die Frage, wie viele Mitgliedstaaten die EU im Jahr 2034 haben könnte, und spekulierte, dass es bis dahin 29 Staaten sein könnten. Dabei hob sie insbesondere Albanien und Montenegro als die nächsten Beitrittskandidaten hervor, die bis 2028 bzw. 2030 beitrittsbereit sein könnten. Ihre optimistische Prognose unterstreicht die Dringlichkeit, den Erweiterungsprozess voranzutreiben, um die Stabilität und den Einfluss der EU in der Region zu sichern.
Österreich sehe sich als starker Befürworter der Integration der Westbalkanstaaten, so Edtstadler. Sie erinnerte daran, dass Österreich seit Jahren die Diskussion um die Erweiterung auf die politische Agenda der EU gesetzt hat, auch zu Zeiten, als das Interesse daran gering war. Sie hob hervor, dass die Frage der EU-Erweiterung nicht mehr eine Frage des Ob, sondern des Wann und Wie sei, was auch dem verstärkten Druck von aussen, insbesondere durch die russische Aggression gegen die Ukraine, zu verdanken sei.
Die Ministerin ging auch auf die komplexen geopolitischen Herausforderungen ein, die mit der EU-Erweiterung verbunden sind. Sie wies auf die besondere Bedeutung der Westbalkanländer für die europäische Sicherheit hin und betonte, dass die EU ihre Versprechen an diese Länder einhalten müsse, um deren Vertrauen zu gewinnen und den Einfluss Russlands und Chinas in der Region zu minimieren. Edtstadler unterstrich, dass die Erweiterung auch eine Frage der Glaubwürdigkeit der EU sei.
Erwartungen an die neue Europäische Kommission
Die neue Europäische Kommission müsse die nächsten Schritte im Erweiterungsprozess konsequent vorantreiben. Dabei sei eine schrittweise Integration der Kandidatenländer zu überlegen, bei der diese Länder bereits vor einer Vollmitgliedschaft von bestimmten Vorteilen profitieren könnten, um den Reformprozess zu unterstützen und zu beschleunigen.
Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Ausführungen lag auf der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit Europas. Edtstadler unterstrich die Notwendigkeit, den europäischen Binnenmarkt zu stärken und innovative Ideen zu fördern, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Sie zeigte sich skeptisch gegenüber der Idee, einfach mehr Geld auszugeben, und plädierte stattdessen für eine kluge Verwendung der vorhandenen Mittel. Besonders im Hinblick auf den Wettbewerb mit den USA und China forderte sie eine klare europäische Strategie, die auf Innovation und den Ausbau des Binnenmarktes setzt.
EU-Beitritt der Ukraine?
Ein EU-Beitritt der Ukraine ist für Edtstadler möglich, jedoch gäbe es aktuell grosse Herausforderungen. Insbesondere wies sie darauf hin, dass Reformen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung und Verfassungsreformen unerlässlich sind. Sie unterstrich, dass die EU-Erweiterung eine Frage der Glaubwürdigkeit ist und dass die Ukraine sich an demokratische Grundsätze halten muss, um diesen Weg fortzusetzen.
Bezüglich der anstehenden Wahlen in der Ukraine zeigte sich Edtstadler sehr deutlich. Sie erklärte, dass Wahlen ein unverzichtbarer Bestandteil eines demokratischen Staates sind und dass sie abgehalten werden müssen, selbst wenn die Umstände, wie der laufende Krieg, dies erschweren. Sie hob hervor, dass sie dies bereits in einem früheren Treffen mit der stellvertretenden Premierministerin der Ukraine klargemacht habe.
Edtstadler zeigte Verständnis dafür, dass Wahlen in Kriegszeiten schwierig und unangenehm sein können, betonte jedoch, dass die Verschiebung von Wahlen über einen längeren Zeitraum hinaus nicht akzeptabel sei. Sie betonte, dass die Demokratie an Boden verlieren würde, wenn Wahlen nicht stattfinden.