Das Fürstliche Landgericht verhandelt Hausfriedensbruch und Körperverletzung
Vor dem Fürstlichen Landgericht fand gestern eine Gerichtsverhandlung statt, in der eine 52 jährige türkisch-schweizer Doppelbürgerin aus Appenzell Hausfriedensbruch sowie eine versuchte und vollendete Körperverletzung vorgeworfen wurden.
Die Staatsanwaltschaft wirft der Angeklagten vor, am 29. März dieses Jahres nach Triesen gefahren zu sein und eine türkische Staatsbürgerin am Körper verletzt zu haben. Laut den Anklagevorwürfen war die Angeklagte über eine Kurznachricht, die das mutmassliche Opfer an den Freund der Angeklagten geschickt hatte, so erzürnt, dass sie sich entschloss, zur Wohnung der anderen Frau in Triesen zu fahren.
«Ich sehe eure Bilder nicht mehr auf Facebook, Hast du Schluss gemacht mit dieser Frau?»
Der Inhalt der Kurznachricht, der an den Freund der Angeklagten gesendet worden sein soll.
Nachdem sie dort jedoch vergeblich an der Tür klingelte, begab sie sich in das Restaurant im gleichen Gebäude. Im Restaurang arbeitete der Freund des mutmasslichen Opfers. Dieser liess die Angeklagte durch das Restaurant ins Treppenhaus, Dort soll die Angeklagte die unversperrte Tür geöffnet und die Frau daraufhin angegriffen haben, indem sie sie an den Haaren zog, kratzte und schlug.
Die Angeklagte gab zu, zur Wohnung der anderen Frau gefahren zu sein, behauptete jedoch, dass sie lediglich sprechen wollte und keine Absicht hatte, die Frau anzugreifen. Sie beteuerte, die Tür nicht selbst geöffnet, sondern lediglich geklingelt zu haben.
Das mutmassliche Opfer, als Zeugin und Privatbeteiligte vor Gericht, erzählte, dass die Angeklagte auf sie losgegangen sei, sie an den Haaren gezogen und versucht habe, sie mit einer Sandale am Kopf zu treffen. Nach dem Vorfall habe sie die Polizei gerufen, die ihr geraten habe, ins Landesspital zu gehen. Dort wurden Hämatome und Hautverletzungen festgestellt, und sie verlangte eine Schadensersatzsumme von CHF 25’000,- für psychische und physische Schmerzen.
Der Freund des mutmasslich Verletzten trat als Zeuge auf und erklärte, dass er den Streit gehört habe, in die Wohnung gegangen sei um nach dem Rechten zu sehen. Dabei seien die beiden Frauen etwa 1 bis 2 Meter voneinander entfernt gestanden und hätten mit den Händen gefuchtelt. Er habe keine Handgreiflichkeiten wahrgenommen und nach dem Vorfall keine Verletzungen bei der mutmasslich verletzten Frau festgestellt. Da das Restaurant kurze Zeit später geöffnet hatte, ging er wieder nach unten ins Lokal.
Schlussplädoyer
Nach dem Ende der Beweisaufnahme beantragte die Staatsanwältin in ihrem Schlussplädoyer einen Schuldspruch für Hausfriedensbruch und Körperverletzung. Sie argumentierte, dass die Angeklagte zweifellos in die Wohnung eingedrungen sei, was bereits Hausfriedensbruch darstelle. Schon ein Fuss in der Türe würde dafür ausreichen. Auch für den Vorwurf der versuchten und vollendeten Körperverletzung ist für sie die Beweisführung gelungen. Die objektivierten Verletzungen, die im Spital festgestellt wurden, könnten nicht anders erklärt werden.
Die Angeklagte hingegen plädierte auf Freispruch und betonte, sie habe die Frau nicht verletzt.
Das Urteil
Die Angeklagte wurde wegen des Hausfriedensbruchs zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 90 Franken somit 2’700.- Franken verurteilt, die für eine Probezeit von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Vom Vorwurf der versuchten und vollendeten Körperverletzung wurde sie Freigesprochen.
Bezüglich der Schadensersatzforderung von CHF 25’000 wurde die Privatbeteiligte auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
In Bezug auf den Hausfriedensbruch erklärte der Richter, dass es zweifellos sei, dass die Angeklagte in die Wohnung der mutmasslich verletzten Frau eingedrungen war. Der Aufforderung, diese zu verlassen, sei sie nicht unverzüglich nachgekommen. Dadurch sei der Tatbestand des § 109 Abs. 1 StGB erfüllt.
Zur Körperverletzung stellte der Landrichter fest, dass die genaue Abfolge des Streits und die Handlungen der Angeklagten nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnten. Der Freund des mutmasslichen Opfers hatte keine Handgreiflichkeiten beobachtet und keine Verletzungen festgestellt. Im Zweifel sei zu Gunsten der Angeklagten zu entscheiden. Daher sprach der Richter die Angeklagte von den Anklagepunkten Körperverletzung und versuchte Körperverletzung frei.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es gilt die Unschuldsvermutung.