Seit Jahren wird bereits am Bau des Landesspitals gearbeitet. Doch das Projekt wurde immer wieder von Verzögerungen begleitet. Nun steht die Frage im Raum, wie es weitergehen soll. Gesundheitsminister Manuel Frick präsentierte heute vier Varianten, wie es weiter gehen soll.
Warum kam es zu den Mehrkosten?
In Liechtenstein werden Verpflichtungskeredite sehr früh gesprochen. Erst dann beginnt das Vorprojekt. Viele Faktoren sind davor noch nicht bekannt, beispielsweise die geologische Beschaffenheit eines Bodens. Im Vorprojekt werden dann die Detailplanungen erarbeitet. So war es auch beim Landesspital. Als die Regierung erkannt hat, dass das Projekt deutlich teurer werden könnte, wurde eine externe fachlich-technische Überprüfung durchführen lassen.
Diese Prüfung wurde vom Bauherrenbüro Brandenberger+Ruosch durchgeführt.
Das Ergebnis der Prüfung zeigt, dass die Kosten zwar höher sind als geschätzt, der wesentliche Teil davon aber nicht auf Kostensteigerungen zurückzuführen ist. Vor der Beschlussfassung wurden einfach verschiedene Aspekte falsch geschätzt, weil man es nicht gewusst hat und teilweise auch nicht wissen konnte.
Hier kann man sich natürlich die Frage stellen, wie viel Geld möchte man schon vor der Abstimmung über ein Projekt investieren, um die Kostenschätzung möglichst genau zu haben.
Dazu kommen die Erkenntnisse der Pandemie. 2019 haben viele Warnungen über solche Ereignisse als Panikmache abgetan. Eine Isolierstation würde tatsächlich Mehrkosten verursachen. Die meisten anderen Kosten währen ohnehin entstanden – man hat sie nur vorher nicht genau genug gekannt.
Welche Varianten gibt es für das Landesspital?
Regierungsrat Frick präsentiert 4 Varianten. Die ersten beiden Varianten sehen vor, das bestehende Projekt Inspira zu adaptieren und mit den neu gewonnenen Erkenntnissen weiterzuarbeiten. Hierzu zeigt Felix Frey von der Bauherrenberatung verschiedenes Einsparungspotential auf, dass bei den Prüfungen zu tage getreten ist. Das betrifft einerseits Flächennutzung, andererseits auch Aspekte wie die Fassade, die auf den Betrieb und die Versorgung keinen Einfluss hat.
Die erste Variante würde einen Nachtragskredit vorsehen, die zweite eine Kassierung des gesprochenen Kredits und einen neuen Verpflichtungskredit mit der gesamten Projektsumme. In beiden Fällen wird wohl eine erneute Volksabstimmung stattfinden.
Eine Verzögerung von 2 Jahren, wird wohl nicht mehr zu vermeiden sein.
Verzicht auf die Geburtenstation?
Der Verzicht auf die Geburtenstation könnte eine Einsparung von 1.3 Mio. Franken bringen. Das sind aber nur die Errichtungskosten. Der laufende Betrieb könne nicht kostendeckend werden. Darum empfiehlt die Regierung, darauf zu verzichten.
„Das ist eine politische Entscheidung“, so Regierungsrat Frick. Der Landtag habe die Budgethoheit und er müsse entscheiden, ob sich das Land eine Geburtenstation leisen will oder nicht. Auf jeden Fall, so betonen sowohl Frick als auch Copeland, müsse die Qualität gesichert sein, sonst gibt es keine Geburtenstation.
Nach der derzeitigen Kostenschätzung, die nun aufgrund der technischen Überprüfung und der Plausibilitätsprüfung deutlich genauer ist, ist nach den möglichen Einsparungen von einer Kostensteigerung von CHF 11 Mio auszugehen. Der Vorraussichtliche Gesamptverpflichtungskredit für das optimierte Projekt wären CHF 78.6 Mio.
Was man aus meiner Sicht als Aussenstehender hier noch anmerken möchte: Wie ich aus vielen Gesprächen vor der Abstimmung 2019 gehört habe, dass die Aussicht auf eine Geburtenstation für viele der Hauptgrund war, dem Neubau zuzustimmen. «Ich möchte, dass mein Kind Geburtsort Vaduz im Pass stehen hat, und nicht Geburtsort Grabs oder Feldkirch» ist eine Aussage, die ich damals oft gehört habe.
Die beiden anderen Varianten
Neben der von der Regierung favorisierten Variante des optimierten Projekts «Inspira II» mit einem neuen Verpflichtungskredit, präsentierte Regierungsrat Frick zwei weitere Varianten.
Die dritte Variante ist, mit den Planungen komplett von vorne zu beginnen. Hierbei würde das gesamte Projekt neu konzipiert werden, um mögliche Schwachstellen zu vermeiden. Dies würde zwar zu weiteren Verzögerungen führen, aber möglicherweise langfristig eine bessere Lösung darstellen.
Die vierte Variante wäre, das Projekt komplett einzustellen. Diese Option ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Schliesslich hat die Regierung bereits viel Geld in das Projekt investiert und bei der Abstimmung sprach sich eine Mehrheit der Bevölkerung für den Bau des Spitals aus.
Gesundheitsversorgung gibt es nicht gratis
Das aktuelle Landesspital erfüllt in vielen Bereichen nicht mehr die aktuellen Anforderungen. Es wurde nie als Spital konzipiert, wie es heute ist, sondern als reines Belegspital für niedergelassene Ärzte. Das hat sich massiv geändert und es wurde immer wieder modernisiert und erneuert. In einem laufenden Spitalsbetrieb ist das nur sehr eingeschränkt möglich. Und Deckenhöhen lassen sich überhaupt nicht ändern.
Viele Vorgaben werden nicht eingehalten. Es gibt in manchen Arbeitsplätzen kein Tageslicht. Die Lüftung entspricht nicht den aktuellen Vorgaben und „Flickwerk verhindert effektive Abläufe“, so Direktorin Copeland.
Zudem verschärfe sich der Fachkräftemangel. Die besten Leute wollen eben auch in der besten Infrastruktur arbeiten. Hier kann das Landesspital aktuell nicht mithalten.
Selbst wenn sich das Stimmvolk gegen den Neubau aussprechen sollte, würde es ohne massive Investitionen nicht gehen. Vieles wurde jetzt aufgeschoben, weil ein Neubau ansteht. Kommt der nicht, werden wohl erhebliche Beträge in die bestehende Infrastruktur zu investieren sein. Konkrete Zahlen wurden nicht genannt. Ich schätze, das könnte durchaus auch in die Millionen gehen.
Und wenn man darauf verzichtet? Das würde irgendwann dazu führen, dass das Landesspital nicht mehr betrieben werden kann oder betrieben werden darf. Die Folge: eine gänzliche Abhängigkeit vom Ausland und grosse Unsicherheit in Krisensituationen.
Die Gesundheitskosten in der Schweiz sind in den letzten Jahren nicht gefallen, im Gegenteil. Wenn Liechtenstein vermehrt auf die Schweizer Krankenhäuser zurückgreifen will, wird auch dafür eine Rechnung geschickt werden. Gesundheitsversorgung zum Nulltarif gibt es nicht. Die Kooperation mit dem Spital Grabs wird es weiter geben. Man plane keine Intensivstation, das sei weder sinnvoll noch qualitativ möglich. Es wird auch in Zukunft Patienten geben, die in Grabs oder anderen Spitälern behandelt werden. Das ersetze aber nicht die Grundversorgung im eigenen Land. Und so bleibt auch die Wertschöpfung im Land.
Gesundheitsminister ist zuversichtlich
Manuel Frick weiss, dass er das Stimmvolk überzeugen wird müssen, dem neuen Verpflichtungskredit zuzustimmen. Er ist zuversichtlich, dass dies gelingen wird. Transparenz ist hier das Wichtigste, führt er aus «Wir brauchen ein eigenes Spital und das Landesspital braucht eine zweckmässige Infrastruktur.»